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Wässrige Lösungen sowohl neutraler als auch ionischer Polymerer gewinnen ein zunehmendes Interesse in vielen Bereichen. Für den Einsatz solcher Systeme muss deren Phasenverhalten bekannt sein. Die vorliegende Arbeit liefert einen Beitrag zum Phasengleichgewicht solcher Systeme. Als Bausteine der Polymere werden dabei sowohl die neutrale organischen Komponente Vinylpyrrolidon (VP) als auch ein ionisches Monomer auf Basis von Imidazolium (3-Methyl-1-vinyl-1H-Imidazoliummethylsulfat - QVI), als niedrigmolekularer Elektrolyt ausschließlich Natriumsulfat verwendet. Die vorliegende Arbeit hat zum Ziel, das Phasenverhalten einer Reihe technisch interessierender Systeme in experimentellen Untersuchungen bei 25 und 65°C zu bestimmen und damit eine Datenbasis für theoretische Arbeiten zu liefern, die im Anschluss an diese Untersuchungen im Zusammenhang mit der Entwicklung von Modellen zur Korrelation bzw. Vorhersage solcher Phasengleichgewichte vorgesehen sind. Die Grenze zwischen einem einphasigen, flüssigen Bereich und Zwei- bzw. Drei-Phasen-Gebieten wurde durch visuelle Bestimmung der Trübung bei der Titration einer wässrigen Lösung (entweder des Polymeren oder des Salzes) bestimmt. Die Zusammensetzung der koexistierenden Phasen wurde in Phasengleichgewichtsexperimenten bestimmt, bei denen Proben der koexistierenden Phasen analysiert wurden. Dazu wurden mehrere Analysenmethoden entwickelt/erprobt (z. B. die Gefriertrocknung, die thermische (gravimetrische) Analyse, die Gaschromatographie und die Ionenchromatographie). Insgesamt wurden für 42 Systeme der Verlauf der Trübungskurve und für 34 Systeme das Phasengleichgewicht bestimmt. Dabei handelte es sich überwiegend um ternäre Systeme aus einem Polymeren (auf Basis von VP und/bzw. QVI), Natriumsulfat und Wasser, teilweise auch um quaternäre Systeme aus den zuvor erwähnten Komponenten und einem der Monomeren (VP bzw. QVI). Dabei zeigte die Mehrzahl der untersuchten Systeme eine flüssig-flüssig Entmischung, teilweise jedoch auch nur die häufiger anzutreffenden Fest-Flüssig-Phasengleichgewichte (z.B. Ausfall eines Salzes als Feststoff). Die experimentellen Untersuchungen wurden insbesondere bei hohen Polymerkonzentrationen durch die Zähigkeit der wässrigen Lösungen erschwert. Neben den Untersuchungen zum Phasengleichgewicht in ternären und quaternären Systemen wurden im Hinblick auf die in weiterführenden Arbeiten geplanten Modellierungsarbeiten auch experimentelle Untersuchungen an binären Subsystemen durchgeführt. Dabei handelte es sich ausschließlich um sogenannte isopiestische Messungen an wässrigen Lösungen der Polymere bzw. der Monomere. In solchen Untersuchungen wird der Einfluss der Wechselwirkungen zwischen den Molekülen eines in Wasser gelösten Stoffes auf den Dampfdruck der Lösung bestimmt. Der dabei quantitativ bestimmte Einfluss von Art und Menge des Polymeren auf den Dampfdrucks des Lösungsmittels soll in weiterführenden Arbeiten zur Bestimmung von Parametern thermodynamischer Modelle zur Beschreibung der Gibbsschen Exzessenergie wässriger Polymerlösungen verwendet werden. Die Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen zum Flüssig-Flüssig bzw. Fest-Flüssig-Phasengleichgewicht lassen sich folgendermaßen charakterisieren: In fast allen Systemen mit Polymeren auf Basis von Vinylpyrrolidon wurden Flüssig-Flüssig-Gleichgewichte mit einer salzreichen, nahezu polymerfreien wässrigen Phase und einer polymerreichen wässrigen auch salzhaltigen flüssigen Phase gefunden. D. h. in einem Gibbsschen Dreiecksdiagramm, in dem die Zusammensetzung einer ternären Mischung (mit Hilfe des Konzentrationsmaßes „Massenanteil“ ausgedrückt) durch einen Punkt dargestellt wird zeigt die Phasengrenze zwischen dem einphasigen und dem mehrphasigen Gebiet eine starke Asymmetrie. Der Wassergehalt der polymerreichen Phase ist dabei häufig deutlich geringer als der Wassergehalt der salzreichen Phase. In Systemen mit (Natriumsulfat und) Polymeren auf Basis des Imidazoliumsalzes QVI wurden dagegen überwiegend Fest-Flüssig-Gleichgewichte beobachtet. Es zeigte sich, dass die Molmasse der verwendeten Polymere nur einen vergleichsweise geringen Einfluss auf die Ausdehnung des einphasigen flüssigen Gebietes hat. I. d. R. nimmt mit steigender Molmasse die Ausdehnung der Mischungslücke zu. Auch der Temperatureinfluss auf die beobachteten Phasengleichgewichte ist relativ gering. Dies war im Fall der Polymere auf Basis von Vinylpyrrolidon aus früheren Untersuchungen an wässrigen, salzfreien Lösungen dieser Polymere zu erwarten. Wie schon erwähnt, sind die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit im Zusammenhang mit dem Einsatz solcher polymer- und salzhaltigen Systeme in verschiedenen Bereichen von Interesse. Sie bilden aber auch die Datenbasis für anstehende theoretische Arbeiten, die sich mit der Entwicklung thermodynamischer Modelle zur Beschreibung von Phasengleich- gewichten salz- und polymerhaltiger, wässriger Systeme beschäftigen werden.
In der vorliegenden Arbeit wurden Flüssig-Flüssig-Gleichgewichte ternärer Systeme Polyelektrolyt / ungeladenes Polymer / Wasser experimentell bei 25°C und 50°C bestimmt und modelliert. Bei den experimentellen Untersuchungen wurden die Trübungskurven zwischen ein- und zweiphasigen Zuständen und - für ausgewählte Systeme und Konoden - die Zusammensetzung der koexistierenden Phasen bestimmt. Zu diesem Zweck wurde eine einfache Methode entwickelt, die lediglich die Kenntnis der Trübungskurve (als Näherung für die Phasengrenzkurve) und des Wassergehalts (bestimmt durch Gefriertrocknung) erfordert. Zur Kontrolle wurde für ausgewählte Konoden auch stichprobenartig die Konzentration einer weiteren Komponente gemessen. Konsistenztests (Massenbilanzen) zeigen, dass dieses Vorgehen zuverlässige Ergebnisse liefert. Es wurden die Polyelektrolyte Poly(natriumacrylat) (zwei Chargen mit unterschiedlicher Molmasse), Poly(ammoniumacrylat) (drei Molmassen), Poly(natriummethacrylat) (zwei Molmassen), Poly(natriumethensulfonat) (zwei Molmassen), Poly(natriumstyrolsulfonat) (eine Molmasse), Poly(diallyldimethylammoniumchlorid) (zwei Molmassen) in Kombination mit den ungeladenen Polymeren Poly(ethylenglykol) (bzw. Poly(ethylenoxid), je zwei Chargen mit zwei unterschiedlichen Molmassen) und Poly(vinylpyrrolidon) (zwei Molmassen) verwendet. Insgesamt wurde für fast 90 Systeme der Verlauf der Trübungskurve und für über 60 Systeme die Zusammensetzung der koexistierenden Phasen bestimmt. In fast allen Fällen findet man ein Flüssig-Flüssig-Gleichgewicht mit einer wässrigen, an ungeladenem Polymer angereicherten Phase, die nur wenig Polyelektrolyt enthält, und einer wässrigen, polyelektrolytreichen Phase, in der praktisch kein ungeladenes Polymer gelöst ist. Die Phasentrennung tritt bereits ab einem Gesamtpolymergehalt von etwa 10 bis 15 Massen-% auf, d. h. die Polymere sind stark inkompatibel. Die Molmasse der Polymere hat keinen grossen Einfluss auf das Flüssig-Flüssig-Gleichgewicht, in der Regel verschiebt sich bei praktisch gleicher Steigung der Konoden im Zweiphasengebiet bei Erhöhung der Molmasse die Mischungslücke geringfügig in die Wasserecke des Dreiecksdiagramms. Eine Erhöhung der Temperatur bewirkt ebenfalls eine geringfügige Verschiebung der Trübungskurve in die gleiche Richtung. Die Steigung der Konoden wird dabei jedoch deutlich verändert. Damit wurde eine zuverlässige Datenbasis geschaffen, auf deren Grundlage das Phasenverhalten in ternären Systemen Polyelektrolyt / ungeladenes Polymer / Wasser modelliert werden kann. Die experimentellen Daten wurden mit einem neuen Modell korreliert. Bei diesem Modell handelt es sich um eine Modifikation des VERS-Modells von Grossmann [44, 67] - ein GE-Modell auf Gruppenbeitragsbasis, das in der Struktur der Virialgleichung von Pitzer [68] zur Beschreibung von Elektrolytlösungen nachempfunden ist - bei dem die unvollständige Dissoziation des Polyelektrolyten über ein Dissoziationsgleichgewicht berücksichtigt wird. Die Dissoziation wird auf Monomerbasis betrachtet. Einflüsse der Konfiguration des Polyelektrolyten auf das Phasenverhalten werden vernachlässigt. Unter Berücksichtigung mehrerer Annahmen wurde die Anzahl der an die Messwerte anzupassenden Parameter auf drei binäre Wechselwirkungsparameter und die Gleichgewichtskonstante der Dissoziationsreaktion reduziert. Ein Wechselwirkungsparameter bzw. ein Wechselwirkungsparameter und die Gleichgewichtskonstante der Dissoziation werden an die Ergebnisse isopiestischer Messungen in den binären Randsystemen ungeladenes Polymer / Wasser bzw. Polyelektrolyt / Wasser angepasst, der Parameter für Wechselwirkungen zwischen den Gruppen des Polyelektrolyten und des ungeladenen Polymers wurde an die experimentellen Ergebnisse des Flüssig-Flüssig-Gleichgewichts angepasst. Mit diesem Modell kann das Flüssig-Flüssig-Gleichgewicht bei 25°C in der Regel im Rahmen der experimentellen Genauigkeit korreliert werden, in einigen Systemen gelingt auch die quantitative Vorhersage des (geringen) Einflusses der Molmasse auf das Phasenverhalten. Mangels isopiestischer Daten in den binären Randsystemen bei 50°C konnte keine Korrelation für diese Temperatur vorgenommen werden. Eine technische Anwendung der Ergebnisse z. B. für die Aufkonzentrierung von Polyelektrolyten ist in den untersuchten Systemen allenfalls in einer flüssigen Phase zu bewerkstelligen. Allerdings war die Anreicherung relativ gering. Abhilfe könnte die weitere Verringerung der Temperatur bringen, wobei jedoch die stark zunehmende Viskosität der Polymerlösung zu beachten ist. Eine weitere Alternative bietet die Zugabe niedermolekularer Salze, die einen starken Einfluss auf die Ausdehnung der Flüssig-Flüssig-Mischungslücke besitzen. Diese Untersuchungen bleiben weiterführenden Arbeiten vorbehalten.