Esse aut non esse - Affirmation und Subversion intergeschlechtlicher Existenzen in der Schule

  • Am 10.10.17 beschloss das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, ein sog. drittes Geschlecht für den Eintrag im Geburtenregister einzuführen. Intersexuellen Menschen sollte damit ermöglicht werden, ihre geschlechtliche Identität eintragen zu lassen und damit Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Zur Begründung verwies das Gericht auf das im Grundgesetz geschützte Persönlichkeitsrecht. Die aktuell geltende Regelung sei mit den grundgesetzlichen Anforderungen insoweit nicht vereinbar, als dass es neben „weiblich" oder „männlich" keine dritte Möglichkeit bietet, ein Geschlecht eintragen zu lassen. Der Gesetzgeber musste nun bis Ende 2018 eine Neuregelung schaffen, in der sie eine Bezeichnung für ein drittes Geschlecht aufnimmt – „divers“. Schulen als bedeutende soziale Einrichtungen sind nun gefordert, will man die Leitperspektiven der Diversität im Bildungsbereich und damit in der Gesellschaft beibehalten. Schulen stellen Arbeitsfeld, Lebenswelt und Lernumfeld für viele Generationen dar und besitzen damit immer eine gesellschaftliche Vorbildfunktion, wobei Diversität zum stets allgegenwärtigen Imperativ geworden ist. Als Avantgarde müssen Schulen deshalb gerade in gesellschaftlichen Fragen voranschreiten und gleichsam Verantwortung für die Entwicklungen und Lösung wichtiger ethischer Fragen übernehmen ohne dabei die Vermittlung traditioneller Werte und Normen als eine ihrer zentralen Funktionen aufzugeben. Diesen anspruchsvollen Spagat zu vollziehen bleibt konstante Herausforderung der Schulentwicklung. Mit Vielfalt umgehen bedeutet im schulischen Kontext vor allem neben gegenseitiger Anerkennung und Respekt auch, dass das Zusammenleben der Menschen durch die Eröffnung alternativer Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsansätze bereichert wird. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ist folglich in besonderer Weise an Schulen gerichtet. Doch wie kann dieser Weg erfolgreich und nachhaltig eingeschlagen werden? Bei Betrachtung der zahlreichen Publikationen zum Thema Gender und Schule sowie der wenigen Entwicklungen in den letzten Jahren wird augenscheinlich, dass das deutsche Schulsystem für die Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10.10.2017 (1BvR 2019/16) systemisch und strukturell nicht vorbereitet ist. Daraus lassen sich die Forschungsfragen dieser Promotionsarbeit formulieren: - Wie verhält sich Schule zum Diskurs des dritten Geschlechts? - Was sind aus Sicht schulischer Akteure Gelingensbedingungen für eine erfolgreiche Sichtbarmachung des dritten Geschlechts an Schulen? Es soll in der Arbeit mittels empirischer Untersuchungen eingehend verdeutlicht werden, welche Gelingens- bzw. Misslingensfaktoren bei der Implementierung eines dritten Geschlechts eine Rolle spielen und unter welchen Voraussetzungen überhaupt Schule als Organisation auf die Sichtbarmachung intergeschlechtlicher Kinder und Jugendliche vorbereit ist.

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Verfasser*innenangaben:Tristan Wiedemann
URN:urn:nbn:de:hbz:386-kluedo-76413
DOI:https://doi.org/10.26204/KLUEDO/7641
Betreuer*in:Mandy Schiefner-Rohs
Dokumentart:Dissertation
Kumulatives Dokument:Nein
Sprache der Veröffentlichung:Deutsch
Datum der Veröffentlichung (online):28.01.2024
Jahr der Erstveröffentlichung:2024
Veröffentlichende Institution:Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau
Titel verleihende Institution:Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau
Datum der Annahme der Abschlussarbeit:20.12.2023
Datum der Publikation (Server):02.02.2024
Freies Schlagwort / Tag:Intergeschlechtlichkeit; Intersexualität
Seitenzahl:362
Bemerkung:
Das Dokument weist an verschiedenen Stellen geschwärzte Textbestandteile auf.
Fachbereiche / Organisatorische Einheiten:Kaiserslautern - Fachbereich Sozialwissenschaften
DDC-Sachgruppen:3 Sozialwissenschaften / 370 Erziehung, Schul- und Bildungswesen
Lizenz (Deutsch):Creative Commons 4.0 - Namensnennung, nicht kommerziell (CC BY-NC 4.0)