Wirkmechanismen zur Gentoxizität von Methyleugenol und ausgewählter oxidativer Metaboliten sowie zur posttranslationalen Histondeacetylase-Modifizierung durch Polyphenole
- Methyleugenol ist ein sekundärer Pflanzeninhaltsstoff, der in verschiedenen Kräutern und
Gewürzen vorkommt. In Form von natürlichen ätherischen Ölen findet Methyleugenol als
Aromastoff in Lebensmitteln und als Duftstoff in Kosmetika Verwendung. Methyleugenol
wurde als natürliches gentoxisches Kanzerogen eingestuft. Ein Fokus der vorliegenden
Dissertation lag auf wirkmechanistischen Untersuchungen zur Gentoxizität von
Methyleugenol und ausgewählten oxidativen Phase-I-Metaboliten. So wurden direkt
gentoxische Wirkmechanismen, wie die Induktion von DNA-Strangbrüchen oder Mikrokernen
in der humanen Kolonkarzinomzelllinie HT29 detektiert. Auf Grund der fehlenden in vitro
Mutagenität der Verbindungen sollten weitere Wirkmechanismen zum DNA-strangbrechenden
Potential sowie potentielle Effekte auf DNA-Reparaturprozesse charakterisiert werden.
Die Metaboliten Methyleugenol-2',3'-epoxid und 3'-Oxomethylisoeugenol hemmen die HDAC- und Topoisomerase-I-Aktivität und tragen somit möglicherweise zum DNA-strangbrechenden
Potential der Metaboliten bei. 3'-Oxomethylisoeugenol wurde dabei als
katalytischer Hemmstoff humaner Topoisomerase I identifiziert, welcher signifikant die DNA-strangbrechende
Wirkung und die Enzym/DNA-stabilisierenden Effekte des Topoisomerase-I-Giftes Camptothecin hemmt. In Folge der Induktion von DNA-Doppelstrangbrüchen durch
die Testsubstanzen wird die DNA-Reparatur-assoziierte ATM/ATR-Signalkaskade und das
nachgeschaltete Tumorsuppressorprotein p53 aktiviert. Diese Ergebnisse weisen darauf hin,
dass die zelluläre DNA-Schadensantwort in Verbindung mit DNA-Reparaturmechanismen
oder einer Apoptoseinduktion dazu beitragen, dass die initialen gentoxischen Wirkungen der
Substanzen zu keiner direkten Mutagenität in vitro führen. Insgesamt konnte die Arbeit
zeigen, dass reaktive oxidative Metaboliten von Methyleugenol eine Vielzahl zellulärer
Zielstrukturen beeinflussen und eine potentielle in vitro Gentoxizität aufweisen, weshalb sie
in ihrer Gesamtheit in der Risikobewertung der Ausganssubstanz berücksichtigt werden
sollten.
Ein weiterer Schwerpunkt dieser Arbeit lag auf der Untersuchung der posttranslationalen
Histondeacetylase (HDAC)-Modifikation durch Polyphenole. Es wurde gezeigt, dass
Polyphenole die Expression des Regulatorproteins SUMO E1 beeinflussen. Des Weiteren
hemmen die Polyphenole (-)-Epigallocatechin-3-gallat und Genistein die HDAC-Aktivität und
vermindern den HDAC 1 Proteinstatus in HT29-Kolonkarzinomzellen. HDAC gehört zu den
SUMO-Substratproteinen. Im Rahmen der Arbeit wurde erstmals eine Modulation der posttranslationalen
HDAC 1-Sumoylierung nach Inkubation mit den Polyphenolen nachgewiesen,
welche im direkten Zusammenhang mit der HDAC-Aktivitätshemmung stehen könnte. EGCG
und Genistein beeinflussen somit epigenetische Signalwege in Tumorzellen. Inwieweit eine
Beeinflussung der DNA-Integrität durch HDAC-Hemmstoffe ein Risiko für primäre Zellen
darstellt, muss in weiterführenden Studien noch geklärt werden.