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Der Klimawandel erfordert den Ausbau urbaner blau-grüner Infrastrukturen, was jedoch mit einem erheblichen Mehrbedarf an Wasser einhergeht. Zentrale Abwasserinfrastrukturen genügen nicht den Ansprüchen der Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit. Daher ist ein neuer Umgang mit Wasser im städtischen Kontext notwendig. Die getrennte Erfassung von schwach belastetem Grauwasser aus Duschen und Handwaschbecken bietet eine nahezu kontinuierliche, wenig verschmutzte Wasserressource zur Wiederverwendung. Naturnahe Verfahren wie Bodenfilter können zur Grauwasseraufbereitung eingesetzt werden; der hohe Flächenbedarf beschränkte jedoch bisher den Einsatz in dicht besiedelten Gebieten. In dieser Arbeit werden technologiebasierte und konzeptionelle Ansätze vorgestellt. Dabei wurden acht vertikal durchströmte Bodenfilter zur nutzungsorientierten Grauwasseraufbereitung im kleintechnischen und Pilotmaßstab untersucht und zusätzlich ein Excel-basiertes Instrument entwickelt, das die Auswirkungen der Grauwasserseparation auf konventionelle zentrale Kläranlagen bewertet. Die Ergebnisse zeigen schwankende Zusammensetzungen und Mengen von Grauwasser. Aufgrund begrenzter Datenverfügbarkeit in der Fachliteratur wird empfohlen, die hier ermittelten 85-Perzentilwerte von 13 g CSB (chemischer Sauerstoffbedarf) pro Einwohner (E) und Tag sowie 55 L/(E·d) für die Bemessung von Anlagen zur Behandlung von gesiebtem, schwach belastetem Grauwasser heranzuziehen. Die ermittelten Stickstofffrachten und -konzentrationen waren aufgrund von Urinkontamination um 60 – 130 % höher als bisher angenommen, während die Phosphorkonzentrationen gesetzlich bedingt um ca. 60 % niedriger lagen. Alle Vertikalfilter wiesen im Ablauf meist < 2,0 mg/l abfiltrierbare Stoffe (AFS) bzw. < 10 mg/l CSB auf (also Eliminationen von überwiegend > 98 % AFS bzw. > 97 % CSB). Der aufgeständerte Rheinsandfilter zeigte bei < 12°C eine eingeschränkte Nitrifikation, während der Lavasandfilter bei > 5°C vollständig nitrifizierte. Die Vertikalfilter entfernten bis zu 50 – 70 % Stickstoff bei Drainageeinstau und Nitratrückführung. Der Lavasandfilter hielt Phosphor weitestgehend zurück. Die Reduktion von Escherichia coli, Enterokokken und Gesamtcoliformen betrug > 3 log-Stufen, während organische Spurenstoffe meist zu > 85 % entfernt wurden. Durch gezielte Anpassungen im Aufbau und Betrieb wurden für verschiedene Nutzungszwecke (Bewässerung, Versickerung und Toilettenspülung) geeignete Qualitäten erreicht. Der erforderliche Flächenbedarf für Bodenfilter zur Behandlung von schwach belastetem Grauwasser wurde zu 0,4 m2/E bestimmt (bezogen auf 85-Perzentilwerte). Dem liegen eine CSB-Flächenbelastung von 32 g/(m2·d) und eine hydraulische Flächenbelastung von 130 L/(m2·d) zugrunde. Die Anwendung von Lavasandfiltern in aufgeständerter Bauweise erwies sich als praxistauglich. Damit wird die Ausweitung des Bodenfilterverfahrens auf den urbanen Raum gefördert. Die Bilanzierungen zeigen, dass die Abtrennung von bis zu 17 % des an die Kläranlage angeschlossenen Grauwassers förderlich für den Kläranlagenbetrieb ist. Bei höheren Abtrennungsraten könnte jedoch eine Stickstoffrückgewinnung/-entfernung aus stickstoffreichen Schlammströmen erforderlich werden. Die Trennung bzw. dezentrale Aufbereitung von Grauwasser hat Vorteile wie Verdunstungskühlung und Wasserwiederverwendung und unterstützt zentral die Transition zu ressourcenorientierten Sanitärsystemen. Insgesamt können betrieblich und baulich angepasste Bodenfilter eine wichtige Rolle in dieser Umstellung spielen und einen deutlichen Beitrag zum nachhaltigen Umgang mit Wasser im städtischen Bereich leisten.
In Deutschland und einigen anderen Ländern ist das Mischsystem weit verbreitet. Aus diversen Gründen (z.B. aus Kostenaspekten) ist es aber bei Regenwetter nicht immer möglich, den gesamten Mischwasserabfluss auch zur Kläranlage weiter zu leiten. Ein gewisser Anteil des Mischwasserabflusses muss daher entweder im Kanalnetz zwischengespeichert oder aber über Entlastungsbauwerke direkt in die Einleitgewässer abgeschlagen werden, woraus erhebliche Gewässerbelastungen resultieren können. Hinzu kommt, dass die Teilsysteme "Kanalnetz" und "Kläranlage" meist noch unabhängig voneinander betrieben werden, sodass es zu Entlastungsereignissen kommen kann, obwohl zur gleichen Zeit an anderer Stelle im Gesamtsystem noch freie Speicher- und/oder Behandlungskapazitäten zur Verfügung stehen. Deshalb gewinnen seit einigen Jahren sog. integrierte Ansätze an Bedeutung, die versuchen, Kanalnetz und Kläranlage mit Hilfe von MSR-Technik in Abhängigkeit der jeweils aktuellen Leistungsfähigkeit dieser Teilsysteme zu betreiben, um dadurch die Emissionen und ggf. die Kosten zu verringern. Man kann daher in der neueren Literatur zahlreiche Veröffentlichungen zu diesem Themenkomplex finden, die sich jedoch bisher praktisch nur mit Durchlaufkläranlagen beschäftigt haben. SBR-Kläranlagen wurden diesbezüglich bisher vernachlässigt, obwohl diese Technologie prinzipiell durch eine ganze Reihe von Vorteilen gekennzeichnet ist. Zahlreiche großtechnische SBR-Kläranlagen belegen zudem, dass sich dieses Verfahren auch sehr gut zur Mischwasserbehandlung eignet. Wegen dieser Randbedingungen erschien es sinnvoll, auch integrierte MSR-Strategien für SBR-Anlagen zu entwickeln. Im Rahmen dieser Arbeit wurden daher auf der 2000 in Betrieb genommenen SBR-Kläranlage Messel (5.500 EW) zahlreiche Untersuchungen durchgeführt, um den Nutzen und die Machbarkeit derartiger Konzepte zu untersuchen. Diese nach den üblichen Regelwerken für Nitrifikation, Denitrifikation, biologische Phosphorelimination und aerobe Schlammstabilisierung bemessene Kläranlage ist typisch für eine Reihe weiterer ähnlicher Anlagen. Um das Potenzial eines integrierten Ansatzes zu ermitteln, wurden detaillierte Kanalnetz- und Kläranlagenmodelle erstellt und kalibriert, mit denen zahlreiche Untersuchungen durchgeführt wurden. Ferner wurden die umfangreichen Betriebsdaten ausgewertet. Dabei konnte festgestellt werden, dass die Anlage über beachtliche Reserven verfügt, die z.B. für Zwecke einer erhöhten Mischwasserbehandlung genutzt werden könnten. Mit Hilfe der Modelle und ergänzender großtechnischer Untersuchungen wurden anschließend verschiedene integrierte MSR-Strategien am Computer entwickelt und bezüglich ihres Nutzens bewertet. Die Ergebnisse der integrierten Simulation zeigen beispielsweise, dass es mit Hilfe dieser Strategien möglich erscheint, die Zuflussmenge zur Kläranlage um bis zu 50 % über den Planungswert zu erhöhen, ohne die strengen Überwachungswerte zu überschreiten. Die Ergebnisse zeigen weiterhin, dass es durch eine Erhöhung der Zuflussmenge möglich ist, die Gesamtemissionen aus Kanalnetz und Kläranlage - v.a. bezüglich CSB - und die Anzahl der Entlastungsereignisse deutlich zu verringern. Eine durchgeführte Kostenbetrachtung verdeutlicht, dass ein derartiger Ansatz - trotz der geringen Größe dieser Anlage - nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll ist. Damit erscheint es wünschenswert, dass zukünftig auch die großtechnische Umsetzung integrierter Ansätze für SBR-Kläranlagen und Mischkanalisationen in Angriff genommen wird, um die bisher gewonnenen Erkenntnisse in der Praxis zu verifizieren.