Kaiserslautern - Fachbereich Bauingenieurwesen
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Zur Querkrafttragfähigkeit von Stahlbetondecken mit integrierten Hohlräumen unter Zugbeanspruchung
(2023)
Zur Realisierung von schlanken, weit gespannten Deckensystemen im Hochbau werden zunehmend einachsig und zweiachsig gespannte Hohlkörperdecken eingesetzt. Bei dieser Bauweise sind die Deckenquerschnitte im Vergleich zu massiven Stahlbetondecken planmäßig geschwächt. Gleichermaßen gilt dies für Stahlbetondecken, die als Installationsebene für Leitungen der Gebäudetechnik genutzt werden. In beiden Fällen führen die integrierten Hohlräume zu einer Minderung der Querkrafttragfähigkeit von nicht querkraftbewehrten Stahlbetondecken. An der TU Kaiserslautern wurde in den vergangenen Jahren die Querkrafttragfähigkeit von Stahlbetondecken mit integrierten Leitungen eingehend erforscht. Die entwickelten Bemessungskonzepte stehen der Baupraxis mit den nationalen Erläuterungen in DAfStb Heft 600 zu DIN EN 1992-1-1 zur Verfügung. Der Einfluss von Längszug auf die Querkrafttragfähigkeit von Stahlbetondecken mit integrierten Hohlräumen ist jedoch weitgehend unbekannt. In dieser Arbeit wird mit experimentellen Untersuchungen und numerischen Simulationen das Querkraftversagen von einachsig gespannten Stahlbetondecken mit integrierten Hohlräumen und Hohlkörpern unter Längszug erforscht. Die Arbeit gibt Aufschluss über das Tragverhalten geschwächter Stahlbetonbauteile unter Längszug infolge einer direkten Einwirkung. Die Versuchsergebnisse zeigen einen erwartungsgemäß ungünstigen Einfluss von Längszug auf die Querkrafttragfähigkeit massiver Stahlbetondecken. Im Gegensatz dazu zeigt sich bei Stahlbetondecken mit integrierten Hohlräumen und bei Stahlbetondecken mit integrierten Hohlkörpern ein deutlich geringerer, ungünstiger Einfluss von Längszug auf die Querkrafttragfähigkeit, der mit zunehmender Querschnittsschwächung deutlich zurückgeht. Auf Grundlage der Ergebnisse wird ein Vorschlag zur Erweiterung des bestehenden Bemessungskonzeptes nach Dafstb Heft 600 für die Bemessung der Querkrafttragfähigkeit von Stahlbetonbauteilen mit integrierten Hohlräumen unter Längszug erarbeitet. Gleichermaßen wird ein Vorschlag zur Erweiterung des Bemessungskonzeptes für die Querkrafttragfähigkeit von Hohlkörperdecken nach den allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen für Hohlkörperdecken vom Typ Cobiax Eco-Line, Cobiax Slim-Line und Unidome XS unterbreitet.
Ein ressourcenschonender Umgang mit Rohstoffen ist eines der vorrangigen Ziele des 21. Jahrhunderts und erfährt immer mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Einen nicht unerheblichen Beitrag zur Reduzierung des Ressourcenbedarfs kann der Einsatz von Hohlkörpern in Stahlbetondecken beisteuern. Durch den verminderten Betoneinsatz wird weniger CO2 bei der für den Beton erforderlichen Zementherstellung emittiert. Einen weiteren positiven Aspekt für den Einbau von Hohlkörpern in Stahlbetondecken stellt das deutlich reduzierte Eigengewicht dar, welches größere Spannweiten bei gleicher Deckenstärke ermöglicht.
Während sich die Biegetragfähigkeit einer Stahlbetonhohlkörperdecke lediglich geringfügig von der Biegetragfähigkeit einer massiven Stahlbetondecke unterscheidet, wird die Querkrafttragfähigkeit durch den Einbau der Hohlkörper deutlich reduziert. Die Querkrafttragfähigkeit der Hohlkörperdecke liegt bei den bislang im Bauwesen eingesetzten Hohlkörpern bei ungefähr 50 % der Querkrafttragfähigkeit einer baugleichen Vollmassivdecke, so dass die Hohlkörper in den Bereichen einer Decke, in denen hohe Querkräfte vorliegen, nicht eingebaut werden dürfen. Dies führt zu einer deutlichen Einschränkung des Einsatzbereiches der Hohlkörper. Da die Hohlkörperformen bislang keinem Optimierungsprozess hinsichtlich der Querkrafttragfähigkeit unterzogen wurden, sind die in der Baupraxis verwendeten Hohlkörperformen keinesfalls als optimal anzusehen.
In dieser Arbeit wird mit Hilfe eines mehrkriteriellen Optimierungsprozesses, basierend auf der Methode der Genetischen Programmierung, eine Hohlkörperform identifiziert, die hinsichtlich der beiden konträren Optimierungskriterien „hohe Querkrafttragfähigkeit“ und „hohe Betonvolumenverdrängung“ einen guten Kompromiss darstellt. Neben den numerischen FEM-Berechnungen zur Ermittlung der Querkrafttragfähigkeit, welche u.a. auch während des Optimierungsprozesses zur Anwendung kommen, wird die Querkrafttragfähigkeit von Plattenstreifen mit den optimierten Hohlkörpern zusätzlich in Bauteilversuchen überprüft. Um ein ganzheitlich durchdachtes neues Hohlkörperdeckensystem zu entwickeln, werden neben der Optimierung der Querkrafttragfähigkeit auch zahlreiche weitere Untersuchungen zur Optimierung des Materialeinsatzes sowie zur Transport- und Einbausituation durchgeführt.
Des Weiteren bildet die Entwicklung eines mechanisch begründeten Bemessungsmodells zur Ermittlung der Querkrafttragfähigkeit einer Hohlkörperdecke einen wesentlichen Bestandteil der vorliegenden Arbeit. Um ein abgesichertes Modell zu erstellen, welches die Querkrafttragfähigkeit realitätsnah abbildet, sind fundierte Kenntnisse zum Querkrafttragverhalten erforderlich. Dafür werden neben einer mittels der Finite Elemente Methode durchgeführten umfangreichen Parameterstudie, in der zahlreiche Einflussfaktoren auf die Querkrafttragfähigkeit von Hohlkörperdecken untersucht werden, ergänzend Bauteilversuche mit variierender Hohlkörperhöhenlage durchgeführt.
Die Verbunddecke ist ein Deckensystem, das Akzeptanz und Wirtschaftlichkeit bei gleichzeitig ausgereifter bautechnischer Qualität vereint. Nachweiskonzepte zur Biegetragfähigkeit und Längsschubtragfähigkeit wurden bereits für normative Regelungen erarbeitet. Für die Bemessung unter Querkraft orientiert sich das Regelwerk für Verbundbau am Nachweiskonzept für Massivbauteile. Eine eigenständige, an die besondere konstruktive Gestaltung von Verbunddecken angepasste Bemessung ist nicht vorhanden. Bisher wird somit ein empirisch gestütztes Querkraftmodell verwendet, dessen statistische Kalibrierung ohne Berücksichtigung von Verbunddeckenversuchen vorgenommen wurde. Neuere Untersuchungen an Verbunddecken mit gefügedichtem Leichtbeton zeigten, dass bei einem ungünstigen Verhältnis der Zug- zur Druckfestigkeit des Betons und in Abhängigkeit der Verankerung der Längsbewehrung relevante Sicherheitsdefizite infolge Querkraftversagen auftreten können.
Im Rahmen dieser Arbeit wurden die das Querkraftversagen bei Verbunddecken auslösenden Mechanismen separiert und in ihrer Wirkung beschrieben. Hierzu wurden eine Vielzahl von Querkraftversuchen an Verbunddecken mit variierender Blechgeometrie und in wechselnder Kombination mit Normal- und Leichtbeton durchgeführt. Aus dem Zugewinn an Erkenntnissen wurde ein mechanisch begründetes, variables Bemessungsmodell für Verbunddecken unter Querkraftbeanspruchung formuliert. Das Modell zeichnet sich durch die Berücksichtigung der bisher vernachlässigten Eigentragfähigkeit des Verbundblechs aus und kann zudem flexibel an die verwendete Betonart sowie an variierende Blechgeometrien angepasst werden. Das Querkraftmodell setzt sich aus den additiv wirkenden Traganteilen des Blechs, der ungerissenen Druckzone sowie der aktivierten Bruchprozesszone zusammen. Damit wurde ein geschlossener Lösungsvorschlag zur Querkraftbemessung erarbeitet, welcher eine optimale und sichere Ausnutzung des Deckensystems ermöglicht. Da die Einzeltragwirkungen individuell und mechanisch beschrieben wurden sind Ergän-zungen leicht möglich, so dass zukünftig auch die Einbindung der Wirkung von Faserbeton denkbar wäre.
In der Arbeit wurde erstmals der Frage nach einem ingenieurmäßigen Nachweisformat für Verbunddecken unter Schubbeanspruchung nachgegangen. Die gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen Schlussfolgerungen zu dem von Stahlbetonbalken abweichenden Tragverhalten und liefern damit eine Basis für weitere Forschungsansätze. Um dies zu unterstützen wurde eine umfangreiche Datensammlung durchgeführt und in einer Versuchsdatenbank von Stahlverbunddecken mit Querkraftversagen festgehalten.
Durch den Einsatz von Hohlkörpern in Stahlbetondecken können Beton, Stahl und folglich Gewicht eingespart werden. Die Materialeinsparung reduziert den Primärenergiebedarf sowie die Treibhausgasemissionen bei der Herstellung. Hierdurch stellen Hohlkörperdecken im Vergleich zu konventionellen Massivdecken eine ressourcenschonendere Bauweise dar. Infolge der deutlich reduzierten Eigenlast und einem im Verhältnis geringeren Steifigkeitsabfall können zudem Decken mit großen Spannweiten realisiert werden.
Die einzelnen Traganteile der Decken werden durch die Hohlkörper grundsätzlich nachteilig beeinflusst. Die Tragfähigkeit von Hohlkörperdecken mit abgeflachten rotationssymmetrischen Hohlkörpern wurde in der vorliegenden Dissertationsschrift im Detail analysiert. Auf Grundlage experimenteller und theoretischer Untersuchungen wurden Bemessungskonzepte für die Biegetragfähigkeit, die Querkrafttragfähigkeit, die Schubkraftübertragung in der Verbundfuge und das lokale Durchstanzen des Deckenspiegels oberhalb der Hohlkörper entwickelt. Unter Berücksichtigung der Bemessungskonzepte können die Hohlkörperdecken auf dem bauaufsichtlich geforderten Sicherheitsniveau hergestellt werden.
Für die Querkrafttragfähigkeit von Stahlbetondecken ohne Querkraftbewehrung steht derzeit kein allgemein anerkanntes mechanisch begründetes Bemessungskonzept zur Verfügung. Der Einfluss der einzelnen Traganteile auf das Versagen wurde experimentell analysiert. Hierzu wurden Versuche mit verlagerter Druckzone sowie mit ausgeschalteter Rissuferverzahnung und mit ausgeschalteter Dübelwirkung durchgeführt. Der rechnerische Einfluss der einzelnen Traganteile an der Gesamttragfähigkeit konnte durch die Nachrechnung von Versuchen zu Hohlkörper- und Installationsdecken unter Verwendung eines bestehenden mechanisch begründeten Rechenmodells visualisiert und verifiziert werden. Hierdurch wird ein Beitrag zum besseren Verständnis der Querkrafttragfähigkeit geleistet.
Zur Verankerung von Bügelschenkeln im Brandfall mit 90°-Winkelhaken gibt es bisher nur widersprüchliche Aussagen. Während in der kommentierten Fassung des EC2 90°-Winkelhaken als nicht geeignet für Anforderungen größer R90 bezeichnet werden, widerspricht Heft 600 des DAfStB dieser Aussage und erklärt 90°-Winkelhaken für geeignet.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es das Tragverhalten von 90°- und 135°-Winkelhaken, sowohl im gerissenen, als auch im ungerissenen Querschnitt unter Brandbeanspruchung zu untersuchen.
Es konnten signifikante Unterschiede im Tragverhalten gezeigt und Hinweise für die Praxis erarbeitet werden.
Große Stegöffnungen werden in Stahlverbundträgern immer dann erforderlich, wenn in Trägerebene Leitungen quer zur Trägerachse geführt werden sollen. Die Attraktivität der Stahlverbundbauweise steigt mit der Möglichkeit, die Tragfähigkeit im Bereich großer Stegöffnungen rechnerisch nachweisen zu können. Bisher war es aber nicht möglich, eine Verstärkung des Betongurtes durch Einbau von Dübelleisten in einem Nachweiskonzept nutzbar zu machen. Bei Dübelleisten handelt es sich um Doppelkopfanker, die in einer Reihe meist auf ein Lochblech aufgeschweißt werden. Sie werden von mehreren Herstellern als Querkraft- und Durchstanzbewehrungselemente vertrieben.
In der vorliegenden Arbeit wird der Einfluss von Dübelleisten auf das Querkrafttragverhalten
des Stahlbetongurts von Verbundträgern im Bereich von großen Stegöffnungen untersucht. Dazu wurden 28 Versuche sowie rechnerische Untersuchungen durchgeführt.
Dabei konnte in einzelnen Versuchen durch den Einsatz von Dübelleisten eine Traglaststeigerung von mehr als 50 % erzielt werden. Unter anderem wurde der Effekt der Querbiegung untersucht, bei dem durch die vertikale Belastung des Betongurts außerhalb der Verbundträgerachse ein negatives Biegemoment in Querrichtung entsteht.
Es wurde ein Nachweiskonzept erarbeitet, mit dem die Querkrafttragfähigkeit eines Betongurts unter Berücksichtigung von im Betongurt angeordneten Dübelleisten wirklichkeitsnah
bestimmt werden kann. Das erstellte Konzept ermöglicht es, bei der Bemessung von Verbundträgern, die durch Stegöffnungen geschwächt sind, durch einen geringen Mehreinsatz von Bewehrung in Form von Dübelleisten eine deutliche Traglaststeigerung zu erzielen. Der Einfluss von Querbiegemomenten wird durch eine konservative Abschätzung der Lasteinzugsfläche berücksichtigt.