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Ausgelöst durch gestiegene Leichtbauanforderungen kommen im Automobilbau vermehrt
Verbund- und Hybridbauweisen zum Einsatz. Verschiedene Materialien werden
gemäß den jeweiligen spezifischen Anforderungen einzelner Bauteile bzw. Baugruppen
ausgewählt, um ihr Potential bezogen auf das Gewicht und die (mechanische)
Funktionalität optimal auszuschöpfen. Hierbei kann auch bei Großserienanwendungen
neben der klassischen Blechschalenbauweise der Einsatz von Kunststoffen
und Faserverbundwerkstoffen zielführend sein. Allerdings sind entwicklungsspezifische
Besonderheiten zur funktionalen Absicherung bzw. Auslegung derartiger
Konzepte zu bewältigen. Dabei sind sowohl die Anforderungen an die Steifigkeit und
die (Betriebs-)Festigkeit als auch die Vorgaben an die passive Sicherheit maßgebend.
Bauteile aus kurzfaserverstärkten thermoplastischen Kunststoffen, die im
Spritzgussverfahren hergestellt werden, stellen hier eine besondere Herausforderung
dar. Das mechanische Verhalten ist von zahlreichen Faktoren wie lokal unterschiedlichen
Faserorientierungen, viskosen Effekten und Umgebungseinflüssen
abhängig.
Um Zeit und Kosten zu sparen, ist im heutigen Produktentwicklungsprozess von
Fahrzeugen bzw. bei der Auslegung der einzelnen Bauteile die Berechnung aller
relevanten Lastfälle mittels numerischer Simulationen unumgänglich. Die Weiterentwicklung
der Methoden und Modelle zur Simulation von Kunststoffen und Faserverbundwerkstoffen
sind in den letzten Jahren verstärkt durch verschiedene
Forschungsprojekte vorangetrieben worden. Dabei spielt auch die einhergehende
Charakterisierung der Werkstoffe eine tragende Rolle. Ziel dieser Arbeit ist, die
verfügbaren Methoden zur Berechnung und Charakterisierung von Spritzgussbauteilen
aus kurzfaserverstärkten Kunststoffen aufzuzeigen, weiterzuentwickeln und
anhand wissenschaftlicher Experimente zu validieren. Hierbei werden quasi-statische
und crashrelevante Versuche mit verschiedenen Probekörpern durchgeführt und
analytisch weiterverarbeitet. Im Anschluss werden diese zum Aufbau ausgewählter
Rechenmodelle eines expliziten FE-Solvers genutzt. Angewendet werden dabei
sowohl rein phänomenologische als auch integrative mikromechanische Simulationsmethoden
mit isotropen und anisotropen elasto-plastischen bzw. elasto-viskoplastischen
Ansätzen.
Das Ziel dieser Arbeit war, den Einfluss der textilen Parameter von Multifilamentgeweben
auf die Permeabilität zu bestimmen. Einer sehr umfangreichen Permeabilitätsstudie
wurden grundsätzliche Untersuchungen vorangestellt, die beantworten, mit
welchen Einschränkungen textile Modelle und Kapillarmodelle zur Berechnung der
Permeabilität eingesetzt werden können, worin sich Permeabilitätsmessergebnisse
ermittelt über Punkt- und Linienanguss sowie gesättigte und ungesättigte Permeabilitätsmessungen
unterscheiden und ob die Lagenanzahl einen Einfluss auf die Permeabilität
eines Laminataufbaus hat. In der Hauptstudie wurden die Ebenenpermeabilitäten
K1 und K2 von 19 Geweben auf einer Messzelle bestehend aus einem 160
mm dicken Ober- und Unterwerkzeug aus Aluminium mit integrierten Sensoren ermittelt.
Festgestellt wurde, dass Leinwandgewebe eine höhere K2-Permeabilität als Köpergewebe
und ein isotroperes Fließverhalten haben. Es wurde ermittelt, dass je höher
das Produkt aus Fadendichte und Titer, desto größer ist der negative Gradient
der Permeabilitäts-Faservolumengehaltskurve. Vier sehr dichte Gewebe dieser Studie
zeigen zudem die Besonderheit, dass die Richtung der K1-Permeabilität nicht mit
der Kettrichtung des Gewebes übereinstimmt. Der abweichende Orientierungswinkel
ist faservolumengehaltsabhängig und nähert sich stets 0° bei Faservolumengehalten
von über 55 %. Es wird des Weiteren erklärt, warum Gewebe, die in Kett- und
Schussrichtung gleich aufgebaut sind, ein anisotropes Fließverhalten zeigen. Dieser
Effekt kann mit der Kettfadenspannung bei der Gewebeherstellung erklärt werden
und über die Messung des Crimps ermittelt werden. Wurde eine große Differenz im
Crimp zwischen dem Kett- und Schussgarn gemessen, war auch die Anisotropie höher.
Neben der Kettfadenspannung bei der Herstellung wurden über ein D-optimal
Screening der Titer und die Fadendichte als signifikante Einflussfaktoren auf den
Crimp ermittelt.
Die Ergebnisse dieser Studie ermöglichen die Auswahl und das spezifische Design
von Verstärkungstextilien mit bestimmten Imprägnier- und Permeabilitätseigenschaften.
Jahresbericht 2010
(2011)