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- 2008 (1)
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- Doctoral Thesis (1)
Language
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Kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe verfügen über eine hervorragende Leichtbaugüte
und weisen unter zyklischer Beanspruchung ein gegenüber metallischen
Werkstoffen günstigeres Schwingermüdungsverhalten auf. Aus diesen Gründen
erlangen derartige Konstruktionswerkstoffe zunehmend an Bedeutung für maschinenbauliche
Anwendungen, bei denen die tragenden Strukturen zeitweise hohe
Beschleunigungen erfahren und über die Einsatzdauer oftmals durch sich wiederholende
Belastungsfolgen beansprucht werden. Innerhalb des Entwicklungsprozesses
solcher Strukturen reicht eine globale strukturmechanische Auslegung meist nicht
aus. Vielmehr müssen für das Erzielen einer optimierten und wirtschaftlichen Lösung
strukturelle Details, wie insbesondere lokale Lasteinleitungen, sorgfältig betrachtet
werden. Darüber hinaus ist die Kenntnis der voraussichtlichen Einsatzdauer (Lebensdauer)
der Struktur inklusive der Anbindungspunkte sowohl aus Kostensicht als
auch aus Sicherheitsaspekten erforderlich. Für den konstruierenden Ingenieur
müssen daher robuste und zuverlässige Lasteinleitungslösungen entwickelt und
aussagefähige Berechnungswerkzeuge zur Lebensdauervorhersage von Faser-
Kunststoff-Verbunden bereitgestellt werden.
Im ersten Teil der vorliegenden Arbeit wurden für Getriebekomponenten in Kohlenstofffaser-
Verbund-Bauweise anforderungsgerechte Lösungen zur Einleitung hoher
zyklischer Kräfte erarbeitet. Dabei wurden die Integration von Zylinderrollenlagern
durch mechanisches Einpressen und das Tragverhalten von direkt in den Verbund
eingeschraubten Gewindeeinsätzen untersucht. Zur Auslegung der Lagerfügung
wurde ein analytisches Modell entwickelt, anhand dessen die erforderlichen Passungstoleranzen
ermittelt und die daraus resultierende Fugenpressung abgeschätzt
werden konnte. Weiterhin konnte mit Hilfe von Lichtmikroskopieuntersuchungen ein
schädigungsfreies Fügen des Lagers nachgewiesen werden. Anhand quasistatischer
Auszugsversuche an repräsentativen Probekörpern mit eingeschraubten
Gewindeeinsätzen wurde das charakteristische Tragverhalten der gewählten Verschraubung
beschrieben. Durch Auszugversuche nach zyklischer Vorbelastung
konnte eine Resttragfähigkeit der Verbindung abgeschätzt werden, die im Betrag
deutlich über der im Betrieb einzuleitenden Anbindungskraft liegt. Der abschließende
Tragfähigkeitsnachweis der entwickelten Lasteinleitungslösungen erfolgte an Getriebekomponenten mit mechanisch gefügten Lagern und eingeschraubten Gewindeeinsätzen
in einem Technikumsprüfstand unter realen Betriebsbedingungen.
Den zweiten Schwerpunkt der Arbeit stellte die Erweiterung der Methodik zur
rechnerischen Lebensdauervorhersage von Mehrschichtverbunden unter Schwingermüdungsbeanspruchung
durch die Berücksichtigung werkstofflicher Nichtlinearitäten
und Delaminationsschädigungen dar. Die Modellierung des nichtlinearen Werkstoffverhaltens
erfolgte dabei basierend auf einer experimentellen Charakterisierung
eines zähmodifizierten Vinylester-Urethan-Hybrid-Harzsystems mit Kohlenstofffaserverstärkung.
In der Modellierung wurde das nichtlineare Verhalten der für die Lebensdauerberechnung
relevanten Werkstoffkenngrößen erfasst. Darüber hinaus
wurde der Steifigkeitsabfall eines quasi-isotropen Laminats unter Einstufenbelastung
experimentell bestimmt und anhand einer geeigneten mathematischen Formulierung
beschrieben. Aufgrund von dabei beobachteten großflächigen und mitunter vollständigen
Schichttrennungen wurde ein Ansatz zur mechanischen Beschreibung von
Laminaten mit Delaminationsschädigungen auf Grundlage der Klassischen Laminattheorie
entwickelt. Ein vorhandenes Lebensdaueranalyseprogramm auf dem
Prinzip des „critical element“-Konzepts wurde um einen Berechnungskern zur
schichtenweisen Versagensanalyse ergänzt. Die genannten Erweiterungen umfassten
Module zur nichtlinearen Spannungsanalyse auf Basis der Sekanten-Modul-
Iterationstechnik, zur Vorhersage von Zwischenfaserbruch-Versagen nach dem
Wirkebenenkriterium von Puck und zur Degradation von Steifigkeitskomponenten
nach dem Auftreten von Zwischenfaserbrüchen.
Anhand einfacher Berechnungsbeispiele wurde nachfolgend der Einfluss der werkstofflichen
Nichtlinearitäten auf die rechnerische Lebensdauervorhersage untersucht.
Abschließend erfolgte die Nachrechnung von Versuchsergebnissen am quasiisotropen
Laminat unter quasi-stochastischer Belastung (miniTWIST), wobei im
Allgemeinen eine sehr gute Übereinstimmung der rechnerischen Vorhersage mit
Versuchsergebnissen festgestellt wurde.