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Im Rahmen der Energiewende werden eine Neustrukturierung des Energiesektors und eine grundlegende Transformation der elektrischen Energieversorgung erforderlich. Die volatile Erzeugung von Strom aus Wind und Sonne erfordert mit stetig steigendem Anteil an der Gesamtenergieproduktion einen immer höheren Bedarf an Flexibilität zur Stabilisierung der Stromnetze. Aus energetischer Sicht zeichnen sich Kläranlagen durch eine Vielfalt an Prozessen aus, bei denen Energie umgewandelt, gespeichert, bezogen und produziert wird.
Die vorliegende Arbeit soll einen Beitrag zu einem besseren Verständnis und vertieften Erkenntnissen an der Schnittstelle zwischen der Abwasser- und der Energiewirtschaft liefern, indem die Vereinbarkeit zwischen den Belangen der Abwasserreinigung und einem flexiblen Anlagenbetrieb sowie die Stromerzeugungs- und Flexibilitätspotenziale kommunaler Kläranlagen in Deutschland umfassend untersucht wurden.
Vor diesem Hintergrund wurden Erkenntnisse gewonnen, die zur Auswahl, Bewertung und möglichst sicheren Implementierung von typischen Aggregaten auf Kläranlagen herangezogen werden können, um durch einen anpassungsfähigen Anlagenbetrieb Flexibilität bereit zu stellen. Die zugrundeliegende Methodik wurde im Wesentlichen am Beispiel der Kläranlage Radevormwald entwickelt. Dabei wurden relevante Kennzahlen erarbeitet, die die klärtechnischen Anforderungen sowohl mit den technisch-physikalischen als auch energiemarktbedingten Anforderungen an die Aggregate in Einklang bringen. Ein wesentlicher Fokus liegt auf den abgeleiteten Restriktionen und Kontrollparametern, um einen sicheren Reinigungsbetrieb zu gewährleisten.
Im Rahmen dieser Forschungsarbeit konnte eine Vielzahl von Erkenntnissen an der Schnittstelle von Energie- und Abwasserwirtschaft gewonnen, bestätigt und zur Ableitung von Anwendungsempfehlungen genutzt werden. Die vorhandene Flexibilität auf Kläranlagen kommt für eine Vielzahl von Verwendungsmöglichkeiten in Betracht. Damit können sie bereits heute und zukünftig verstärkt an Produkten der Energieversorgung und neuen Geschäftsmodellen teilhaben. Die untersuchten Aggregate weisen dabei je nach Verwendungszweck unterschiedliche Eignungen auf und nicht jedes Aggregat ist für jede Nutzungsoption einsetzbar. Die Ergebnisse belegen, dass Kläranlagen mit ihren Leistungsgrößen und verschiebbaren Energiemengen relevante Beiträge zur Energiewende leisten können und zu mehr in der Lage sind als, weitgehend losgelöst vom Energiemarkt und den sich dort abzeichnenden Änderungen, elektrische Energie nur zur eigenen Nutzung zu verwenden.
Der Klimawandel erfordert den Ausbau urbaner blau-grüner Infrastrukturen, was jedoch mit einem erheblichen Mehrbedarf an Wasser einhergeht. Zentrale Abwasserinfrastrukturen genügen nicht den Ansprüchen der Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit. Daher ist ein neuer Umgang mit Wasser im städtischen Kontext notwendig. Die getrennte Erfassung von schwach belastetem Grauwasser aus Duschen und Handwaschbecken bietet eine nahezu kontinuierliche, wenig verschmutzte Wasserressource zur Wiederverwendung. Naturnahe Verfahren wie Bodenfilter können zur Grauwasseraufbereitung eingesetzt werden; der hohe Flächenbedarf beschränkte jedoch bisher den Einsatz in dicht besiedelten Gebieten. In dieser Arbeit werden technologiebasierte und konzeptionelle Ansätze vorgestellt. Dabei wurden acht vertikal durchströmte Bodenfilter zur nutzungsorientierten Grauwasseraufbereitung im kleintechnischen und Pilotmaßstab untersucht und zusätzlich ein Excel-basiertes Instrument entwickelt, das die Auswirkungen der Grauwasserseparation auf konventionelle zentrale Kläranlagen bewertet. Die Ergebnisse zeigen schwankende Zusammensetzungen und Mengen von Grauwasser. Aufgrund begrenzter Datenverfügbarkeit in der Fachliteratur wird empfohlen, die hier ermittelten 85-Perzentilwerte von 13 g CSB (chemischer Sauerstoffbedarf) pro Einwohner (E) und Tag sowie 55 L/(E·d) für die Bemessung von Anlagen zur Behandlung von gesiebtem, schwach belastetem Grauwasser heranzuziehen. Die ermittelten Stickstofffrachten und -konzentrationen waren aufgrund von Urinkontamination um 60 – 130 % höher als bisher angenommen, während die Phosphorkonzentrationen gesetzlich bedingt um ca. 60 % niedriger lagen. Alle Vertikalfilter wiesen im Ablauf meist < 2,0 mg/l abfiltrierbare Stoffe (AFS) bzw. < 10 mg/l CSB auf (also Eliminationen von überwiegend > 98 % AFS bzw. > 97 % CSB). Der aufgeständerte Rheinsandfilter zeigte bei < 12°C eine eingeschränkte Nitrifikation, während der Lavasandfilter bei > 5°C vollständig nitrifizierte. Die Vertikalfilter entfernten bis zu 50 – 70 % Stickstoff bei Drainageeinstau und Nitratrückführung. Der Lavasandfilter hielt Phosphor weitestgehend zurück. Die Reduktion von Escherichia coli, Enterokokken und Gesamtcoliformen betrug > 3 log-Stufen, während organische Spurenstoffe meist zu > 85 % entfernt wurden. Durch gezielte Anpassungen im Aufbau und Betrieb wurden für verschiedene Nutzungszwecke (Bewässerung, Versickerung und Toilettenspülung) geeignete Qualitäten erreicht. Der erforderliche Flächenbedarf für Bodenfilter zur Behandlung von schwach belastetem Grauwasser wurde zu 0,4 m2/E bestimmt (bezogen auf 85-Perzentilwerte). Dem liegen eine CSB-Flächenbelastung von 32 g/(m2·d) und eine hydraulische Flächenbelastung von 130 L/(m2·d) zugrunde. Die Anwendung von Lavasandfiltern in aufgeständerter Bauweise erwies sich als praxistauglich. Damit wird die Ausweitung des Bodenfilterverfahrens auf den urbanen Raum gefördert. Die Bilanzierungen zeigen, dass die Abtrennung von bis zu 17 % des an die Kläranlage angeschlossenen Grauwassers förderlich für den Kläranlagenbetrieb ist. Bei höheren Abtrennungsraten könnte jedoch eine Stickstoffrückgewinnung/-entfernung aus stickstoffreichen Schlammströmen erforderlich werden. Die Trennung bzw. dezentrale Aufbereitung von Grauwasser hat Vorteile wie Verdunstungskühlung und Wasserwiederverwendung und unterstützt zentral die Transition zu ressourcenorientierten Sanitärsystemen. Insgesamt können betrieblich und baulich angepasste Bodenfilter eine wichtige Rolle in dieser Umstellung spielen und einen deutlichen Beitrag zum nachhaltigen Umgang mit Wasser im städtischen Bereich leisten.