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Die Studie begreift Schule und Unterricht mit Bourdieu als sprachlichen Markt, auf dem über den Wert und die Legitimität von Sprache(n) und Sprechen verhandelt wird. Anhand der Zuschreibung sprachbiografischer Merkmale und sprachlicher Kompetenzen sowie der Bewertung sprachlicher Leistungen konstruieren schulische Akteur:innen – Lehrkräfte wie auch Schüler:innen - Differenzen innerhalb schulischer Sprachmärkte. Hierdurch werden Sprecher:innen soziale Positionen in einem komplex strukturierten (Klassen-)Raum zugewiesen, der sich durch konkurrierende Diskurse um das richtige und angemessene Sprechen auszeichnet (Spotti 2013; Fürstenau & Niedrig 2011). Um das Phänomen sprachbezogener Differenzkonstruktion in Schule und Unterricht multiperspektivisch zu beleuchten und hierbei wirksame Language Policies (Shohamy 2006; Spolsky 2010) aufzudecken, nutzt die Studie die Nexus Analysis (Scollon & Scollon 2004) als Meta-Methodologie, die verschiedene Analysedimensionen vereint: Betrachtet und verknüpft werden schulische und außerschulische Erfahrungen schulischer Akteur:innen in Bezug auf Sprache(n) und Sprachgebrauch, schulische Diskurse über sprachliche Vielfalt und die Legitimität von Sprache(n), die Gestaltung und Wahrnehmung schulischer Sprachlandschaften (Linguistic Schoolscapes) sowie Konstruktionen sprachbezogener Differenz und damit einhergehende Selbst- und Fremdpositionierungen in Unterrichtsinteraktionen. Die Untersuchung stützt sich auf Datenmaterial aus sechs Schulklassen dreier rheinland-pfälzischer Grundschulen: 100 Schüler:innen der sechs Klassen nahmen an einer Fragebogenerhebung teil, drei Schulleitungen und sieben Lehrkräfte wurden im Rahmen von Leitfadeninterviews befragt. Über die sechs Klassenzimmer hinweg wurden 1.797 schriftsprachliche Artefakte fotografisch dokumentiert und mithilfe eines Kodiermanuals in der Tradition der Linguistic Landscape-Forschung ausgewertet. In allen sechs Schulklassen wurde Unterricht audiovisuell aufgezeichnet; insgesamt liegen Aufnahmen von 40 Unterrichtsstunden vor. Die Unterrichtsaufzeichnungen wurden interaktionsanalytisch untersucht, teils multimodal, um mikroanalytisch offenzulegen, wie Lehrkräfte und Schüler:innen in ihrem Unterrichtshandeln zur Konstruktion von Differenz beitragen, etwa indem sie Schüler:innen als Personen mit Migrationsbiografien und/oder als Sprecher:innen des Deutschen als Zweitsprache exponieren. Die Zusammenführung der vielfältigen Zugänge und Perspektiven führt die Spannungen und Ambivalenzen dynamischer schulischer Sprachmärkte vor Augen und belegt datenbasiert die Komplexität des Anforderungs- und Handlungsfelds Schule.
Trotz der - theoretisch über die konstruktivistische Systemtheorie begründeten und durch die Organisationsforschung empirisch belegten - zentralen Rolle der Prozesse in der Einzelschule für die Gestaltung von Schulentwicklung, werden durch die Bildungspolitik über die Gestaltung der Systemumwelt wesentliche Impulse für diese Entwicklungsprozesse gesetzt, diese rechtlich und im Bereich der Ressourcen ermöglicht oder eben auch auf diesem Wege blockiert.
In der Arbeit wird ein Modell zur Bestimmung wesentlicher Einflussfaktoren auf bildungspolitische Schulreformen im Bereich institutioneller und parteipolitischer Vetospieler, Interessengruppen der Stakeholder, Medien sowie wissenschaftlicher Akteure entwickelt, über das deren Rationalisierungspotential im Sinne einer stärkeren Evidenzbasierung bildungspolitischer Entscheidungen, ihre Einflussstärke und Implementationsstärke bestimmbar werden. Exemplarisch wird dieses Modell im Anschluss auf die institutionelle Neubestimmung der Evidenzbasierung in Baden-Württemberg angewandt.