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Faculty / Organisational entity
Die räumliche Planung begegnet häufig Herausforderungen, zu deren Bewältigung nicht auf existierendes Wissen zurückgegriffen werden kann. Um neuartiges Wissen zu erzielen, werden insbesondere Modellvorhaben – kleinmaßstäbliche, befristete reale Feldexperimente – als Instrument eingesetzt. Diese zielen darauf ab, wiederverwendbares Wissen reproduzierbar zu erzeugen. Im Rahmen eines Modellvorhabens werden in verschiedenen Modellräumen vielfältige innovative Projekte initiiert, über einen festen Zeitraum umgesetzt sowie bewertet. Akademische oder private Institutionen begleiten Modellvorhaben wissenschaftlich, um allgemeingültige und übertragbare Erkenntnisse zu identifizieren. Die Ergebnisse dieser umfassenden Evaluation werden in einem Abschlussbericht dokumentiert. Erfahrungen zeigen allerdings, dass dies zur Verteilung der Ergebnisse nicht ausreicht, um die Nutzung und Wiederverwendung der in Modellvorhaben generierten Erkenntnisse sicherzustellen. Dies liegt insbesondere daran, dass die Abschlussberichte zu wenig anwendungsorientiert und zu umfangreich sind. So ist der Vergleich zwischen vorhandenen Berichten und einem laufenden Modellvorhaben mit einem zu hohen Aufwand verbunden, wodurch sich ein unausgeglichenes Aufwand-Ertrag-Verhältnis ergibt. Somit wird das Lernen aus Modellvorhaben erschwert.
Um eine effektive und effiziente Dissemination und Verstetigung sowie Wiederverwendbarkeit von Wissen generiert in Modellvorhaben zu erzielen, wurde im Rahmen der vorliegenden Forschungsarbeit ein Modell entwickelt. In einem ersten Schritt wurde für die Analyse von Modellvorhaben eine allgemeingültige Struktur geschaffen, die mit dem generellen Ablauf eines Projekts im Rahmen des Projektmanagements vergleichbar ist. Diese Struktur reduziert den Aufwand Erkenntnisse und Wissen jeweils für die folgenden hier definierten Phasen zu nutzen: Identifikation einer neuen Herausforderung; Projektaufruf; Bewerbungen der möglichen Teilnehmer; Bewertungen der Bewerbungen durch den Initiator; Durchführung; Auswertung; Dissemination, Transfer und Verstetigung.
Im nächsten Schritt wurde in die einzelnen Phasen eines Modellvorhabens ein Wissensmanagementprozess – die Bausteine Wissensziele, -identifikation, -erwerb, - entwicklung, -bewertung, -bewahrung, -(ver)teilung und -nutzung – integriert, um die gemeinsame Nutzungseinheit vom umfassenden Abschlussbericht auf kleinere, in sich abgeschlossene Informationseinheiten zu reduzieren. Auf diese Weise wird der Aufwand für die Identifikation, den Erwerb und die Nutzung von Wissen verringert. Am Ende jeder Phase wird eine Bewertung durchgeführt sowie das erzielte Wissen effizient geteilt. Dafür ist eine systematische Interaktion zwischen Akteuren von Modellvorhaben und eine zentrale Sammlung des Wissens notwendig. Ein wesentliches Ergebnis dieser Arbeit ist die Entwicklung einer neuartigen Austauschinfrastruktur, die das generierte Wissen einerseits bewahrt und andererseits systematisch verteilt. Dadurch kann bereits im Verlauf eines Modellvorhabens gewonnenes Wissen ausgetauscht und wiederverwendet werden, sodass
die Phase der Dissemination, Transfer und Verstetigung in den Prozess verschoben wird. Die Infrastruktur soll frei zugänglich sein und nutzerfreundlich gestaltet werden.
Durch das entwickelte Modell wird eine effektive und effiziente Wiederverwendung von Wissen generiert in Modellvorhaben ermöglicht sowie eine belastbare Grundlage für neue Projekte in der räumlichen Planung geschaffen.
Die Zusammenarbeit von Menschen in Projekten ist geprägt von ihren persönlichen Erfahrungen und
Interessen im jeweiligen Umfeld. Dieses Umfeld − nennen wir es hier „System“ − hat wiederum eigene
Interessen und befindet sich in einem erweiterten Umfeld. Dieses Systemumfeld kann bis zum Erreichen
des Universums ausgedehnt werden. Die Notwendigkeit in großen Bauvorhaben, mit der Komplexität
umgehen zu können, setzt die Kenntnisse der Zusammenhänge und den Willen zum systemorientierten
Handeln voraus.
In einem Bauprojekt ist eine endliche Menge von handelnden Personen mit ihren jeweiligen Rollen,
Aufgaben und Abhängigkeiten in den sie umgebenden Systemen (Organisationen) vorhanden. Im
Wesentlichen werden die Hauptfunktionen in Projekten durch Bauherr, Planer und der ausführenden
Firma dargestellt. Eine besondere Rolle kommt hier dem Bauherrn bzw. seinen Erfüllungsgehilfen im
Projektmanagement zu. Projektmanager haben als einzige die Chance, von Anfang bis Ende den gesamten
Projektlebenszyklus zu erleben. Als Teil ihrer Aufgaben kümmern sie sich um die Zieldefinitionen
für Organisation, Qualitäten und Quantitäten, Termine, Kosten und rechtliche Rahmenbedingungen
und steuern die durch die Bauherren beauftragten Planer und ausführenden Firmen.
Die heute bei großen Bauvorhaben vorkommenden „fungierenden Bauherren“ und die „öffentlichen
Bauherren“ bestehen aus Bauherrenorganisationen mit einer Vielzahl von Akteuren. Hieraus erwächst
die Notwendigkeit, die zahlreichen Beteiligten mit ihren verschiedenen Organisationen in Bezug auf die
verschieden gelagerte Interessenlage zu koordinieren und zielorientiert zu führen. Durch die notwendige
Integration der weiteren Systemkreise von Planern und ausführenden Firmen entstehen neue,
zusätzliche Steuerungsaufgaben, und die Komplexität des Projektes steigt in Dimensionen, die ohne
systemorientierten Ansatz nur schwer zu durchschauen und somit kaum noch zu bewältigen ist.
Zur Klärung der Fragen, welche Gestalt die Komplexität in großen Bauvorhaben annehmen und wie
ein Projektmanager mit diesen Herausforderungen umgehen kann, zielte die Arbeit auf die Erforschung
der Grundlagen von Komplexität und die Analyse ihrer Auswirkungen auf das Bauprojektmanagement.
Das entstandene Modell basiert auf zwölf charakterisierenden Eigenschaften komplexer adaptiver Systeme
und bildet hieraus fünf Merkmale für den systemischen Aufbau und Ablauf von Bauvorhaben.
Berücksichtigt wird, wie die Elemente und Teilsysteme zueinander stehen, und obwohl sie unterschiedliche
Charakteristika bzw. Zustände aufweisen können, dennoch ein gemeinsames Verhalten erzeugen
und eine Identität zum Umfeld herausbilden können. Hierzu sind neben Struktur und Veränderungen
in einem komplexen System auch die Wahrnehmungen und das Verhalten der Beteiligten sowie die
Umwelt eines Projektes maßgebend.
Im Rahmen einer Expertenbefragung mit vierzig standardisierten Interviews, die mit Vertretern der
drei Systemkreise Bauherr, Planer und ausführende Firma geführt wurden, konnte im ersten Schritt
das Wissen über Komplexität und die Zusammenhänge zum Baumanagement herausgearbeitet werden.
Diese Erkenntnisse wurden ergänzt um die Analyse verschiedener Bewertungsschemata und auf
dieser Basis zehn Indikatoren herausgebildet, die sich in fünf Subsystemen eines Bauvorhabens darstellen.
Jeder Indikator wurde in Bezug auf die fünf Merkmale der Komplexität in Bauvorhaben untersucht,
und Teilaspekte wurden zur Bewertung herangezogen. Es erfolgt eine relative Bewertung mit einer
Einstufung von 1 bis 5 (sehr geringe bis sehr hohe Komplexität). Das Modell liefert im Ergebnis Komplexitätsgrade
der einzelnen Indikatoren, der Merkmale und letztlich des gesamten Bauvorhabens.
Eine anwendungsorientierte Fallstudie mit anschließenden Optimierungsansätzen und darauf aufbauenden
Präventionsvorschlägen verifizieren den Modellansatz.
In der vorliegenden Arbeit konnte dargestellt werden, wie die unzureichende Wahrnehmung von Komplexität
im Bereich des Projektmanagements, gerade zu Beginn eines Projektes, die Steuerung eines
Projektes erschweren und Störungen im Projekt zur Folge haben. Das Ergebnis kann das Projektmanagement
bei der Erfüllung seiner komplexen Aufgaben unterstützen und Entscheidungshilfen zur
Prävention leisten. Die Modellierung erfolgt unter dem Bewusstsein, dass die getroffene Auswahl den
Stand der Forschung darstellt, ohne jedoch einen Anspruch auf Vollständigkeit oder Unveränderlichkeit
zu erheben.
Weiteren Forschungsvorhaben im Aufgabenfeld des Projektmanagements können die beschriebenen
Ansätze dienlich sein, um ergänzende Ansätze zu einem besseren Umgang mit Baumaßnahmen zu
finden.