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Das aktuelle Design von Wirkstoffen ist fokussiert auf die Entwicklung von Molekülen, die das Tumorzellwachstum durch Inhibition mehrerer Signalwege unterdrücken können. Indirubin wurde als Hauptwirkstoff von Dangui Longhui Wan, einem Mittel der Traditionellen Chinesischen Medizin identifiziert, welches in China zur Behandlung vieler Krankheiten wie Leukämie benutzt wurde. Indirubine wurden als potente ATP-kompetitive CDK-Inhibitoren identifiziert, die in der ATP-Bindungstasche binden, Apoptose induzieren und das Wachstum von Tumorzellen effizient hemmen. Darüber hinaus zeigten Indirubin-Derivate Hemmwirkungen auf eine ganze Reihe anderer Kinasen wie z. B. GSK-3ß, VEGFR und c-Src, die beim Tumorzellwachstum eine entscheidende Rolle spielen. Ziel war es, Substituenten am Indirubingrundgerüst in die 5-, 5’- und 3’-Position einzuführen, um die Wasserlöslichkeit weiter zu verbessern, die metabolische Stabilität zu erhöhen, ohne jedoch Antitumorwirksamkeit abzuschwächen. Durch Einführung weiterer N-Atome in das Indirubingrundgerüst sollten CYP450-induzierte Hydroxylierungen am Kern vermieden werden, die zur Wirkungsabschwächung führten, wie frühere Arbeiten gezeigt haben. Im Rahmen dieser Arbeit wurden 19 neue Indirubin-Derivate und 3 neue Aza- und Diazaindirubine hergestellt und mittels CHN-Analyse und NMR-spektroskopisch charakterisiert. Für das bei der Kondensation zu 7-Aza- und 7,7’-Diazaindirubin benötigte 7-Azaisatin wurde eine neue Synthesemethode entwickelt. Die Wasserlöslichkeit der neuen Indirubine wurde photometrisch und ihre Zytotoxizität mit Hilfe von SRB-Assays an LXFL529L-Tumorzellen bestimmt. Durch Inkubation mit Rinderlebermikrosomen wurde der Phase-I-Metabolismus von Indirubin-5- carboxamiden und Indirubin-3’-oximethern untersucht. Die Hauptmetaboliten von E748, E857, E857a, E860 und E860a wurden mittels HPLC, HPLC-NMR und LC-MS/MS identifiziert. Weitere Untersuchungen zum Wirkmechanismus ausgewählter neuer Verbindungen, wie z. B. die Hemmung von Topoisomerasen und die Erstellung eines Hemmprofils an 30 verschiedenen Kinasen wurden durch andere Institute durchgeführt. Im Vergleich zu Indirubin-5-carboxamiden zeigen Indirubin-5’-carboxamide mit gleichem Substituenten eine 2 – 15 fache schwächere Wachstumshemmung an LXFL529L-Zellen und trotz basischem Zentrums auch keine signifikant verbesserte Wasserlöslichkeit. 5,5’-Disubstituierte Indirubine mit Carboxyl- oder Carboxamid- Gruppe als Substituent zeigten sogar bis zu einer Konzentration von 100 μM keine Hemmwirkung mehr. Eine Erklärung hierfür könnte der knapp bemessene Raum der ATP-Bindungstasche im Bereich der 5’-Position sein. Die Oximether E857 und E860, sowie die Hydrochloride E857a und E860a zeigten eine sehr potente Proliferationshemmung an LXFL529L-Zellen mit IC50-Werten von ca. 1 μM. Die Hydrochloride wiesen hervorragende Werte für die Wasserlöslichkeit mit über 25000 mg/L auf, so dass in vivo Applikationen ohne weitere Formulierungen durchführbar sind. 7,7’-Diazaindirubin (E864) zeigte eine äußerst potente Wachstumshemmung von humanen Tumorzellen. Die IC50-Werte im SRB-Assay von E864 lagen im unteren nanomolaren Bereich an verschiedenen Tumorzellen. 7-Azaindirubin (E866) zeigte im Vergleich mit Indirubin eine erhöhte Wasserlöslichkeit und verbesserte antiproliferative Wirkung, insbesondere löst es sich in vielen organischen Lösungsmitteln. E865 ist das 7’-Aza-Analoge von E857, einem 3’-Oximether mit basischen Zentrum und zeigt 7-fach verbesserte Wasserlöslichkeit ohne Abschwächung der Hemmwirkung an der Tumorzelllinie LXFL529L. Ergebnisse des Kinaseprofilings ergaben jedoch, dass die ATP-Bindungsstelle von Proteinkinasen vermutlich nicht das Haupttarget dieser Wirkstoffe sind. Beim Testen von 277 Proteinkinasen konnte keine Proteinkinase als Target für E864, dem potentesten Inhibitor der Tumorzellproliferation, identifiziert werden. Bei Inkubationen mit Rinderlebermikrosomen von E748, einem Indirubin-5- carboxamid, fand eine Hydroxylierung an der 7’-Position statt. Weil eine Hydroxylierung an dieser Position eine Bindung des Moleküls in der ATP-Bindungstasche erschwert oder verhindert, ist der Metabolit vermutlich ein schwächerer Tumorzellwachstumsinhibitor. Zur Vermeidung einer derartigen Hydroxylierung erschien es sinnvoll, die Substituenten zur Verbesserung der Wasserlöslichkeit in 3’-Position anzubringen, was die Ergebnisse der Metabolisierung von E857 und E857a bestätigten. Nach Inkubation mit Lebermikrosomen fanden die Metabolisierungen nicht am Indirubin-Gerundgerüst statt. Als Hauptmetaboliten konnten das N-oxid (E867) und ein Hydroxymethylpiperazin-Derivat identifiziert werden. Das Kinaseprofiling, das Rückschlüsse auf den Wirkmechanismus ermöglicht, zeigte, dass E857 nicht nur CDKs und GSK-3ß hemmt (IC50 = 1-10 μM), sondern auch andere für eine Tumorentstehung relevante Targets wie z. B. FAK und IGF1-R (IC50 < 1 μM). Damit scheinen E857 und E857a die bisher am besten geeigneten Indirubine für eine Weiterentwicklung zum Antitumortherapeutikum zu sein und weitere Untersuchungen sollen in vivo durchgeführt werden, um die Ergebnisse mit den in vitro-Daten zu vergleichen und abzusichern.
Indirubin wurde als aktive Komponente einer aus der traditionellen chinesischen Medizin stammenden Wirkstoffmischung namens Danggui Longhui Wan identifiziert, welche sich unter anderem als ein wirksames Mittel gegen chronisch myeloische Leukämie (CML) erwiesen hat. Erste Untersuchungen zum Wirkmechanismus zeigten, dass es sich bei Indirubin und dessen Derivaten um potente Inhibitoren cyclin-abhängiger Kinasen (CDKs) handelt. Diese Enzyme spielen eine essentielle Rolle bei der Regulation des Zellzyklus’, welche bei Tumorzellen meist außer Kontrolle ist. Inkubation verschiedener Tumorzellen (u.a. MCF-7) mit dem Derivat Indirubin-3’-oxim führte zu einem konzentrationsabhängigen Zellzyklus-Arrest bei G1/S bzw. G2/M. Diese Beobachtungen machen Indirubin und dessen Derivate für einen eventuellen Einsatz als Tumortherapeutikum interessant. Für die Verwendung als Tumortherapeutikum erweist sich die geringe Wasserlöslichkeit und die damit einhergehende geringe Bioverfügbarkeit des Indirubins und vieler seiner Derivate als nachteilig. Im Rahmen dieser Arbeit sollte das Molekülgerüst des Indirubins durch das Einbringen geeigneter Substituenten so modifiziert werden, dass eine höhere Wasserlöslichkeit bei gleichzeitig starker inhibitorischer Wirkung auf CDKs (untersucht am CDK2/Cyc E Komplex) und starker Cytotoxizität (untersucht mittels SRB-Test an der MCF-7 Tumorzellinie) erzielt wird. Bei den dafür verwendeten Substituenten handelt es sich vorwiegend um ein- oder mehrfach hydroxylierte Alkylgruppen oder um ionische Gruppen wie die Carbonsäuregruppe, die an den Positionen 3’ bzw. 5 des Indirubinmoleküls eingeführt werden. Ergebnisse: Durch das Einführen hydroxylierter Alkyl-Substituenten in Position 3’ des Indirubingrundgerüstes konnte die Wasserlöslichkeit der entstandenen Derivate im Vergleich zum Indirubuin etwa 10- bis 50-fach erhöht werden (1 bis 5 mg/ml im Vergleich zu 0,1 mg/ml). Das Einführen einer Carboxygruppe in Position 5 (5-Carboxyindiruin, E810) führt zu einer noch höheren Wasserlöslichkeit von 41 mg/ml. Die inhibitorische Aktivität auf den CDK2/Cyc E Komplex einiger der synthetisierten Derivate liegt mit etwa 0,2 µM unter dem entsprechenden IC50-Wert des Indirubins (etwa 7 µM), und auch die Cytotoxizität liegt bei einigen Derivaten mit IC50-Werten von 0,1 bis 0,9 µM unter dem IC50-Wert von Indirubin (4 µM).
Indirubin ist als antileukämischer Inhaltsstoff in Zubereitungen der traditionellen chinesischen Medizin erkannt und seine antineoplastische Wirkung in einer klinischen Studie an Patienten mit chronisch myeloischer Leukämie gezeigt worden. Ziel dieser Arbeit war es, bekannte und neue Indirubinderivate zu synthetisieren und Indizien für den Wirkmechanismus indigoider Bisindole zu finden. Ein Schwerpunkt sollte dabei in der Darstellung von in 5- und 3'-Stellung substituierten Indirubinderivaten liegen. Unter den 19 synthetisierten Indirubinderivaten sind die zehn neuen Verbindungen 5-Fluorindirubin, 5-Nitroindirubin, 5,5'-Dibromindirubin, das Natriumsalz der 5'-Bromindirubin-5-sulfonsäure, 5-Iodindirubin-3'-oxim sowie fünf Indirubin-5-sulfonsäureamidderivate. An der Verbindungsklasse werden detaillierte NMR-spektroskopische Untersuchungen vorgenommen. Außerdem werden Isoindigo und die beiden Bisindolderivate 2,2'-Bisindol sowie 3,3'-Diphenyl-2,2'-bisindol dargestellt. Identität und Reinheit der synthetisierten Verbindungen werden mittels Dünnschichtchromatographie, Elementaranalyse, Massenspektroskopie, Gaschromatograhie/Massenspektroskopie, UV-Spektroskopie sowie 1H-NMR- und 13C-NMR-Spektroskopie nachgewiesen. Ergänzt durch kommerziell erhältliche Indigoderivate steht damit eine Auswahl an 2',3-, 2,2'- und 3,3'-Bisindolderivaten zur Verfügung. Bei cyclovoltammetrischen Untersuchungen an Indirubin und 5-Iodindirubin werden im beobachteten Spannungsbereich bei beiden Derivaten eine im Sinne der Cyclovoltammetrie irreversible Oxidation und zwei reversible Reduktionen registriert. Die Höhe der Wellen deutet darauf hin, daß das Indirubinsystem bei den beiden Reduktionen jeweils ein Elektron aufnimmt und bei der Oxidation zwei Elektronen abgibt. Zumindest die erste Reduktion liegt mit einem Halbwellenpotential von -0,8 V in einem Bereich, der physiologisch zugänglich sein sollte. Eine Überführung in eine der vorgeschlagenen oxidierten oder reduzierten Strukturen hätte mit großer Wahrscheinlichkeit eine bessere Löslichkeit und damit eine erhöhte Transportfähigkeit der Indirubinderivate in wäßrigen Systemen zur Folge. Die Ergebnisse des Ethidiumbromidverdrängungsassays deuten darauf hin, daß einige Indirubinderivate interkalative Wechselwirkungen mit der DNA eingehen können. Bei 5-Fluorindirubin, Indirubin-3'-oxim und Indirubin-5-sulfonamid kann ein ED50-Wert bestimmt werden, der fast in der Größenordnung des starken Interkalators Doxorubicin liegt. Eine Beteiligung der Interkalation am Wirkmechanismus scheint bei 5-Fluorindirubin und Indirubin-3'-oxim möglich, denn beide hemmen im gleichen Konzentrationsbereich das Wachstum im Sulforhodamin B-Assay und im Colony-Forming-Assay. Im Colony-Forming-Assay ist Isoindigo die aktivste Substanz. Indirubinderivate haben durchschnittliche IC70-Werte, die eine Größenordnung höher liegen. Die drei Indirubinderivate mit einer freien Sulfonsäuregruppe sowie Indigo sind kaum wirksam. Die sulfonierten Indigoderivate sind inaktiv. Die beiden Melanomzellinien MEXF 989 und MEXF 515LX zeichnen sich gegenüber einigen Verbindungen durch eine bis um den Faktor 75 unterschiedliche Sensitivität aus. Die Mammakarzinomzellinie MCF 7 wird von den meisten der Indirubinderivaten sowie von den beiden 2,2'-Bisindolderivaten stärker gehemmt als der Durchschnitt. Im Luciferase-Assay an transfizierten MCF 7-Zellen kann kein Hinweis auf eine hormonrezeptorgekoppelte Wirkung gefunden werden. Im Sulforhodamin B-Assay sind Isoindigo und Indirubin-3'-oxim die wirksamsten Substanzen. Dies bestätigt das Ergebnis der durchschnittlichen Wirksamkeit in den Colony-Forming-Assays. Die geringe absolute Löslichkeit sowohl in der lipophilen als auch in der hydrophilen Phase verhindert bei etwa der Hälfte der Verbindungen eine exakte Bestimmung des Octanol-Wasser-Verteilungskoeffizienten (log POW). Dennoch wird für die restlichen Indirubinderivate eine gute Korrelation zwischen dem durchschnittlichen IC70-Wert im Colony-Forming-Assay und der Lipophilie der Substanzen gefunden. Das Optimum des log POW bewegt sich für Indirubinderivate in Bezug auf die Wachstumshemmung im Colony-Forming-Assay in einem Bereich von 3 bis 4. In ersten, orientierenden in vivo-Versuchen an thymusaplastischen Nacktmäusen, die das großzellige Lungenkarzinom LXFL 529 tragen, können Indirubin und 5-Chlorindirubin das Tumorwachstum verzögern aber nicht stoppen. 5-Methylindirubin, das schneller als die beiden anderen Derivate aus dem Injektionsbereich transportiert wird, kann ab etwa dem zehnten Tag der Behandlung das Tumorwachstum stoppen. Das Gesamtgewicht der Versuchstiere bleibt dabei konstant oder steigt leicht an. 5-Methylindirubin ist somit ein aussichtsreicher Kandidat für eine Weiterentwicklung in Richtung eines antineoplastischen Medikaments. Ausgehend von Indirubin kann durch die Variation der Substituenten eine Steigerung der Hemmwirkung am isolierten Enzymkomplex CDK1/Cyclin B um den Faktor 1200 erreicht werden. Das Natriumsalz der 3'-Hydroxyiminoindirubin-5-sulfonsäure hat einen IC50-Wert von 0,0083 microM. Die Substanzklasse besitzt außerdem eine hohe Selektivität gegenüber anderen Kinasen und übertrifft somit in Wirksamkeit und Selektivität die meisten bekannten CDK-Hemmstoffe. Für Isoindigo kann keine Hypothese zum Wirkmechanismus aufgestellt werden. Seiner hohen Aktivität im Colony-Forming-Assay und im Sulforhodamin B-Assay steht eine nur äußerst geringe Interkalationsfähigkeit sowie eine kaum vorhandene Fähigkeit zur Hemmung des Enzymkomplexes CDK1/Cyclin B gegenüber. In einer Röntgenstrukturanalyse von humaner CDK2 im Komplex mit Indirubin-5-sulfonat bzw. Indirubin-3'-oxim wird deutlich, daß sich die Inhibitoren in die ATP-Bindungstasche einlagern. Im Bereich der Aminosäuren Phe80 bis His84 ist die Form der Indirubinmoleküle komplementär zu der gekrümmten Form der ATP-Bindungstasche, ein Effekt wie er auch bei anderen CDK-Hemmstoffen beobachtet wurde. Die Ausbildung von drei Wasserstoffbrückenbindungen sowie lipophile Wechselwirkungen sind essentiell für die starke Bindung beider Derivate. Anhand der gemessenen Struktur wird deutlich, daß die 5-Position die ideale Substitutionsposition an den Benzolkernen darstellt. Indirubin-5-sulfonat bildet durch die Sulfonatgruppe ionische Wechselwirkungen mit einer Lysinseitenkette (Lys33) des Enzyms aus, die zu einer weiteren Affinitätssteigerung führen. Die Oximgruppe in Position 3' ragt in einen freien Raumbereich, der von anderen Hemmstoffen besetzt wird und eröffnet daher die Möglichkeit, weitere funktionelle Gruppierungen einzubringen und so die Hemmstärke und die Selektivität der Indirubinderivate noch zu steigern. Läßt man die ionischen Verbindungen, die aufgrund ihrer Ladung die Zellmembran (und Zellkernmembran) wahrscheinlich nicht durchdringen können, außer Betracht, so fällt auf, daß alle starken Inhibitoren des Enzymkomplexes CDK1/Cyclin B auch zu einer starken Wachstumshemmung im Colony-Forming-Assay führen. Eine Schwächung der Affinität zwischen Inhibitor und CDK1 durch eine Substitution am N1-Stickstoff führt gleichzeitig zu einem Abfall der Wirksamkeit im Colony-Forming-Assay und in anderen Testsystemen. Durch die Röntgenstrukturanalyse wird verständlich, wie eine Substitution an dieser Stelle die Wechselwirkung zwischen Inhibitor und Enzym abschwächt. Die Befunde deuten darauf hin, daß der antineoplastischen Wirkung von Indirubinderivaten ein komplexes Zusammenspiel mehrerer Teilmechanismen zugrunde liegt, möglicherweise unter Beteiligung von Int erkalation und Redoxcycling, wobei der Hauptwirk mechanismus in der Inhibierung cyclinabhängiger Kinasen besteht.