Kaiserslautern - Fachbereich ARUBI
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Stahlbeton-Kühlturmschalen unterliegen während ihrer Nutzungsdauer einer Vielzahl von Beanspruchungen, die im Tragwerk ein mit der Zeit zunehmendes Rissbild verursachen können. Hiermit verbundenen ist eine Veränderung der Steifigkeitsverteilung, die bei diesen hochgradig statisch unbestimmten Schalentragwerken das Tragverhalten bestimmt. Mit der vorgestellten nichtlinearen Vorgehensweise, die mögliche Ent- und Wiederbelastungen in Kombination mit Zwangbeanspruchungen und ungleichmäßiger Befeuchtung der Schalenoberfläche erfasst, gelingt es, die beobachteten Alterungserscheinungen bei Kühlturmschalen numerisch zu simulieren. Hieraus lassen sich Modelle ableiten, die es erlauben, das Tragverhalten in den Nachweisen für die Grenzzustände der Gebrauchstauglichkeit und der Tragfähigkeit auch während der Nutzungsdauer des Bauwerkes zu berücksichtigen. Die vorgestellte Vorgehensweise ist auch auf andere Tragwerke aus Stahlbeton anwendbar.
Durchlaufende Verbundträger können mit dem Fließgelenkverfahren berechnet werden. Bei dieser Methode werden die plastischen Querschnitts- und Systemreserven ausgenutzt. Bisher war bei der Anwendung der Fließgelenktheorie die Betrachtung von großen Öffnungen im Steg nicht geklärt. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden durchlaufende Verbundträger mit Öffnungen experimentell und numerisch untersucht. Mit den ermittelten Ergebnissen wurden zwei Bemessungsmodelle entwickelt, mit denen solche Verbundträger bemessen werden können. Bei dem ersten Bemessungsmodell handelt es sich um ein elastisch-plastisches Nachweisverfahren. Das Verfahren beruht auf einer elastischen Schnittgroßenermittlung, bei dem die Querschnitte plastisch nachgewiesen werden. Nach dem zweiten Nachweisverfahren werden die Durchlaufträger nach der Fließgelenktheorie plastisch-plastisch berechnet. Über die plastischen Tragfähigkeiten der Querschnitte werden die plastischen Systemreserven rechnerisch ausgenutzt. Dazu werden die möglichen kinematischen Ketten des Systems zusammengestellt und die jeweiligen Traglasten ermittelt.
In der vorliegenden Arbeit wird das Tragverhalten von durchlaufenden stahlfaserbewehrten Stahlverbunddecken analysiert. Auf der Basis von experimentellen und rechnerischen Untersuchungen werden zwei Bemessungsmodelle entwickelt. Anhand der experimentellen Untersuchungen an einfeldrigen und durchlaufenden stahlfaserbewehrten Verbunddecken werden Aufschlüsse über das Trag- und Verformungsverhalten der Decken gewonnen. Dabei werden sowohl offene trapezförmige als auch hinterschnittene Profilbleche verwendet. Auf eine konventionelle Betonstahlbewehrung wird gänzlich verzichtet. Das Stützmoment wird vom Stahlfaserbeton alleine aufgenommen. In vier Versuchsserien mit insgesamt 18 Versuchen werden einzelne Parameter wie z. B. unterschiedliche Deckenstärken, unterschiedliche Profilblechgeometrien sowie unterschiedliche Stahlfaserbetonmischungen untersucht. Für die Berechnung und Bemessung werden die im Verbundbau üblichen Nachweisverfahren aufgegriffen und modifiziert. Die Traganteile des Stahlfaserbetons werden über den Ansatz von Spannungsblöcken implementiert. Bei der Nachrechnung der einzelnen Versuche zeigt sich die Eignung der Verfahren. Für die einzelnen Nachweise werden in Parameterstudien Bemessungsdiagramme und –tabellen erstellt, die dem anwendenden Ingenieur ein einfaches und sicheres Bemessen ermöglichen. Anhand der experimentellen Ergebnisse und der rechnerischen Untersuchungen werden zwei mögliche Bemessungsmodelle entwickelt, mit denen die Tragfähigkeit von stahlfaserbewehrten durchlaufenden Verbunddecken nachgewiesen werden kann. Dabei kann der Nachweis entweder nach den Verfahren Elastisch-Plastisch oder Plastisch-Plastisch erfolgen.
Alle derzeit in Deutschland gültigen Bemessungsnormen sind für Neubauten oder neu anzufertigende Bauteile konzipiert. Diese Normen unterliegen dem semi-probabilistischen Sicherheitskonzept, das mithilfe von Teilsicherheitsbeiwerten und charakteristischen Werten der Materialien bzw. Einwirkungen die in DIN 1055-100 (2001) geforderte Zuverlässigkeit sicherstellen soll. Die Nachbemes-sung von Stahlbetonbauteilen im Bestand, die beispielweise eine direkte Lasterhöhung infolge einer Nutzungsänderung erfahren, hat grundsätzlich nach aktueller DIN 1045-1 (2008) zu erfolgen. Die direkte Anwendung der Nachweisfor-mate der DIN 1045-1 ist aber in vielen Fällen nicht zielführend, da alle Unsicherheiten der Planungs- und Errichtungsphase durch die Teilsicher-heitsbeiwerte mit abgedeckt werden. Im Bestand können die Unsicherheiten z. B. der Geometrie, der Materialkennwerte sowie Lage und Menge der vorhandenen Bewehrung oder der ständigen Einwirkungen infolge einer qualifizierten Bestandsaufnahme eingeschränkt werden. Die Tatsache, dass die oben genannten streuenden Größen genauer quantifiziert werden können, erlaubt eine Anpassung der Teilsicherheitsbeiwerte an die am Bauwerk vorherrschenden Streuungen der Festigkeitswerte und geometrischen Größen. Ziel dieser Arbeit ist die Ausweisung modifizierter Teilsicherheitsbeiwerte unter Beachtung des geforderten Zielzuverlässigkeitsniveaus für im Bestand übliche Nachweisformate. Die tabelliert ausgewiesenen Teilsicherheitsbeiwerte auf Widerstandsseite ermöglichen je nach angetroffener Materialstreuung eine praxisgerechte, wirtschaftliche und erfolgreiche Nachweisführung von Bestandsbauten bei Anwendung des semiprobabilistischen Teilsicherheitskonzeptes.
Mit der Erweiterten Technischen Biegelehre (ETB) steht eine Möglichkeit zur Verfügung, den Gesamtverzerrungszustand von biege- und schubbeanspruchten Stahlbeton- und Spannbetonquerschnitten sowohl für den Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit (GZG) als auch den Grenzzustand der Tragfähigkeit (GZT) zu ermitteln. Bisher fehlte jedoch für eine allgemeine Anwendung der ETB eine statistische Absicherung durch einen umfangreichen Vergleich mit Versuchen. Als Grundlage für diesen Vergleich wurde zunächst ein Konzept zur Berücksichtigung von Tension-Stiffening und Tension-Softening in der Berechnung erarbeitet. Die Integration dieses Konzepts in die ETB erfolgte durch Dr. Hartung, der die ETB ursprünglich entwickelt hat. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden dann an der TU Kaiserslautern insgesamt 222 Querkraftversuche an Stahlbeton- und Spannbetontragern mit der ETB nachgerechnet. Dazu mussten zunachst fur die in den Versuchen auftretenden drei Schubbrucharten geeignete Versagenskriterien definiert werden. Aus der abschliesenden statistischen Bewertung ergaben sich mit der ETB fur die Tragfahigkeit gegenuber dem Fachwerkmodell wesentlich wirtschaftlichere Ergebnisse. Sowohl die verbleibende, nicht nutzbare Modellsicherheit war im Mittel deutlich geringer, als auch die Streuung der erzielten Ergebnisse. Damit wird eine Anwendung der ETB fur den GZT grundsatzlich ermoglicht. Auffallig ist hier u. a. die gegenuber dem Fachwerkmodell deutlich bessere Erfassung des Tragverhaltens von Spannbetontragern. Hier schrankt die untere Begrenzung der Druckstrebenneigung auf 18,4° die Effektivitat des Fachwerkmodells stark ein. Weiterhin wurde im Labor für Konstruktiven Ingenieurbau der TU Kaiserslautern an insgesamt sechs großmaßstäblichen Versuchen das Trag- und Verformungsverhalten von Stahlbeton- und Spannbetonträgern untersucht. Für die Bügeldehnungen ergaben sich daraus auch auf dem Niveau des Gebrauchszustandes gute Übereinstimmungen zwischen Versuch und Berechnung. Die bei einem Versuch im Momentennullpunkt erfolgten Messungen der Längsdehnungen haben zudem gezeigt, dass die durch die Schubbeanspruchung bedingte Stabverlängerung bereits im GZG nennenswerte Größen annehmen kann und somit bei Spannungsnachweisen berücksichtigt werden sollte. Eine statistische Absicherung für den GZG war jedoch aufgrund der geringen Anzahl der Versuche nicht möglich. In Verbindung mit der Vorstellung eines auf der ETB basierenden Bemessungskonzeptes wurde abschließend noch auf die Frage der erforderlichen Mindestquerkraftbewehrung eingegangen. Für den Nachweis von bestehenden Tragwerken wurde hier ein zu DIN 1045-1 2008 alternativer Nachweis der erforderlichen Duktilität auf Basis der ETB aufgezeigt.