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- 2020 (1)
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Forschungsrelevanter Hintergrund: Mitunter die häufigsten Verletzungen im Sport
sind am Kniegelenk zu lokalisieren. Neben der hohen Prävalenzrate sind vor allem
ligamentäre Schädigungen wie eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes besonders
schwerwiegend. Es sind lange Ausfallzeiten von durchschnittlich 7,5 Monaten zu verzeichnen,
wobei eine vollständige Rückkehr zum ursprünglichen Leistungsniveau
ungewiss ist. Auch die Wahrscheinlichkeit einer Reruptur ist deutlich erhöht und häufig
bedeutet eine schwere Knieverletzung das frühzeitige sportliche Karriereende.
Auch müssen betroffene Sportler oftmals mit schweren Folgeerscheinungen wie einer
Gelenksarthrose rechnen. Als Risikosportarten für diese Art von Verletzungen
gelten Ballsportspiele wie Fußball, Handball oder Basketball. Charakteristisch für das
Auftreten einer Knieverletzung in diesen von hoher Dynamik und Schnelligkeit geprägten
Mannschaftsspielen ist die Tatsache, dass sich diese mehrheitlich ohne direkten
Gegnerkontakt als „non-contact“ Trauma ereignen. In der Regel findet eine
Verletzung bei sportspieltypischen Manövern wie Landungen nach Sprüngen, spontanen
Richtungsänderungen oder plötzlichen Drehbewegungen statt. Als Verletzungsmechanismus
bei diesen Bewegungsformen ist in den meisten Fällen der sog.
„Dynamische Knievalgus“ verantwortlich. Dieser ist gekennzeichnet durch ein Abknicken
des Kniegelenks nach innen (Knieabduktion/Valgisierung) in Verbindung mit
einer Rotation der Tibia bei geringem Flexionsgrad des Kniegelenks. Die maximale
Kraftleistungsfähigkeit sowie das neuromuskuläre Aktivierungsverhalten der knieumschließenden
Muskelgruppen und der Hüftmuskulatur können den Verletzungsmechanismus
beeinflussen. Insbesondere die Hüftmuskulatur kann durch ihre Eigenschaften
korrigierend auf die Beinachse und damit auf die Kontrolle des Kniegelenks
einwirken. Die Forschungslage über die Zusammenhänge der Hüfte und deren muskulärer
Strukturen hinsichtlich ihrer protektiven Wirkungsweise bildet sich jedoch defizitär
und teilweise unspezifisch ab. Daher ist die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit,
Kontrollmechanismen ausgehend vom Hüftgelenk in Bezug auf eine verbesserte
dynamische Kniegelenksstabilität mittels eines ganzheitlichen Ansatzes zu
evaluieren. Des Weiteren wird in der vorliegenden Arbeit die Wirkungsweise eines
apparativen Krafttrainings gegenüber eines koordinativen Sprungtrainings mit jeweiliger
Fokussierung des Hüftgelenks analysiert.
Methodik: Anhand relevanter Belastungsformen (uni- und bilaterale Drop Jumps,
einbeinige Landemanöver und reaktive laterale Sprungbewegungen) unter Belastungsstufen
wurden bei Ballspielsportlern Situationen simuliert, in denen der beschriebene
Verletzungsmechanismus auftreten kann. Dabei wurden im Sinne eines
ganzheitlichen, multimodularen Screening-Verfahrens die Knie- und Hüftgelenksbewegungen
mittels 3-D Kinematik erfasst. Die kinetische Analyse umfasst die Berechnung
der Gelenksmomente, Bodenreaktionskräfte und die Ermittlung der maximalen
Kraftfähigkeit der relevanten Hüftmuskulatur sowie der Oberschenkelstreckerkette.
Der Einfluss des neuromuskulären Aktivierungsverhaltens auf die dynamische Kniegelenkskontrolle
wurde über elektromyographische Verfahren abgebildet. Der Studienteil
1 untersuchte in einem Querschnittdesign die Auswirkungen der unterschiedlichen
Belastungsformen hinsichtlich der Determinanten der dynamischen Kniegelenksstabilität,
der Studienteil 2 diesbezügliche Zusammenhänge mit Hüftgelenksexkursionen
und deren (neuro-) muskulären Strukturen. Im Rahmen des Studienteils 3
wurden in einem Längsschnittdesign zwei Interventionsgruppen (apparatives Krafttraining
vs. koordinatives Sprungtraining) im Pre- zu-Posttest-Vergleich auf Unterschiede
der kniestabilisierenden Parameter sowie Indikatoren für eine Verletzungsexposition
hin untersucht.
Zentrale Ergebnisse: In der vorliegenden Studie kann gezeigt werden, dass laterale
Sprungmanöver im Vergleich zu vertikalen Sprung- oder Landemanövern größere
Knie- und Hüftgelenksexkursionen aufweisen und damit eine erhöhte Belastung für
diese spieltypischen Situationen einhergeht. Im Vergleich der Belastungsformen
scheinen Belastungssteigerungen innerhalb einer Belastungsform einen untergeordneten
Einfluss auf eine Verletzungsexposition zu haben. Vielmehr entscheidend ist
die verhältnismäßige Risikoeinordnung der Belastungsformen zueinander. Für alle
Bewegungen wird ein starker Zusammenhang der Hüftstellung in der Rotation mit
der dynamischen Kniegelenkskontrolle festgestellt. Um die Komplexität der Kniegelenkskontrolle
über die gesamte Belastungsphase abbilden zu können, wurde als
neue Messmethodik die „medio-laterale Knieschlackerbewegung“ erarbeitet und mit
den maximalen kinematischen Knieparametern als Indikator für die (In-)Stabilität des
Kniegelenks eingesetzt. Die (neuro-) muskulären Eigenschaften der Hüftmuskulatur
können insbesondere durch ihre außenrotatorische und abduzierende Wirkung Einfluss
auf die Ausrichtung der Gelenkachse und damit auf die Kniegelenkskontrolle
nehmen. Dabei scheinen Elemente eines koordinativen Sprungtrainings effektiver
als ein apparatives Krafttraining zu sein.
Fazit: Die Arbeit liefert einen Beitrag, um die komplexen Zusammenhänge der dynamischen
Kniegelenkskontrolle im Kontext verletzungsrelevanter Szenarien im Sport
zu evaluieren. Durch eine ganzheitliche Analyse der Knie- und Hüftgelenksbewegungen
sowie der dazugehörigen kinetischen sowie (neuro-)muskulären Parameter können
die gewonnenen Erkenntnisse helfen, Verletzungsmechanismen des Kniegelenks
besser zu kontrollieren. Diagnostische Verfahren und Trainingsprogramme
können auf dieser Basis weiterentwickelt werden, woraus durch ein tieferes Verständnis
die Möglichkeiten der Verletzungsprävention zukünftig optimiert gestaltet
werden können.