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Faculty / Organisational entity
Technische und gesellschaftliche Entwicklungen im Bereich der Digitalisierung und vor allem der künstlichen Systeme werden in der gutachterlichen Stellungnahme dargestellt. Im Mittelpunkt stehen Auswirkungen der digitalen Transformation für Politik und Verwaltung in Rhein-land-Pfalz, verschiedene technische Lösungen, Divergenzen zwischen ländlichem und urbanen Räumen sowie Zukunftsvorstellungen.
Bei künstlicher Intelligenz handelt es sich um einen spezifischen Aspekt der Digitalisierung. Beide – Digitalisierung und Künstliche Intelligenz – gehen mit unterschiedlichen Facetten gesellschaftlichen Wandels einher, die in ihrer orts- und regionalspezifischen Einbettung zu untersuchen sind. Dabei ist es unabdingbar, sowohl die gesellschaftlichen als auch die technischen Innovationen aufeinander zu beziehen und diese in ihren Wechselwirkungen als eine sozio-technische Dynamik aufzufassen.
Auf Grundlage eines umfassenden Literaturreviews wird ein Überblick über die aktuellen technischen Anwendungen bei der Künstlichen Intelligenz und der Digitalisierung gegeben (Maschinenlernen, Robotics, Deep Learning, Data Mining, Blockchain, etc). In den verschiedenen Siedlungsräumen in Rheinland-Pfalz kommen – teilweise in transdisziplinären Forschungsprojekten – die neuen digitalen Möglichkeiten bereits zum Einsatz, z.B. im Projekt Digitale Dörfer, in der Chemieindustrie oder bei Versuchen für autonomes Fahren. Anwendungsfelder in unterschiedlichen Lebensbereichen werden für die verschiedenen Regionen in Rheinland-Pfalz aufgezeigt. Das Verschmelzen von virtuellem und realem Raum sowie die Normalisierung digitaler Lebensstile führt auch zu wachsenden Erwartungen an die Digitalität von Verwaltung und Politik. Vorteile von KI in der Verwaltung können erleichterte Kontakte zu Bürgern, schnellere interne Kommunikationswege, eine Prozessoptimierung und die Vernetzung der Abteilungen und Ressorts sein.
Die Autorinnen und Autoren der TU Kaiserslautern, Fachgebiet Stadtsoziologie, des Deut-schen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz DFKI und des Fraunhofer-Instituts für Experimentelles Software-Engineering IESE erarbeiteten in einem Expertenworkshop verschiedene Szenarien zur Darstellung der zukünftigen Lebenssituationen kommunaler Gemeinschaften unter der An- und Verwendung von Digitalisierungstechnologien und KI im Jahr 2050. Die Chancen und Risiken für die unterschiedlichen Regionen und Lebens-bereiche in Rheinland-Pfalz wurden in zwei extremen Varianten skizziert und einander gegenübergestellt. Während der Dystopie-Zustand eine Zukunft zeichnet, in der die Märkte von wenigen Global-Playern mit enormer Datenhoheit und aggressiven Geschäftsmodellen dominiert wer-den, zeigt der Utopie-Zustand eine von Teilhabe und Mitbestimmung geprägte, digitale Zukunft: Die digitale Transformation wird durch Politik und Gesellschaft gleichermaßen gesteuert, Bürger haben volle Datenhoheit und bestimmen individuell und situationsspezifisch, wann und welche Daten sie veröffentlichen möchten. Neue Möglichkeiten der Arbeitsgestaltung und neue Mobilitätsformen haben zu einer Flexibilisierung und Attraktivitätssteigerung hinsichtlich des Lebens und Arbeitens auf dem Land beigetragen. Ethische Grundprinzipien, gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Anforderungen werden somit mit den technologischen Potenzialen optimal in Einklang gebracht.
Wie diese Stellungnahme anhand der entworfenen Utopie und Dystopie illustriert, ist die technische Entwicklung von gesellschaftlicher Steuerung und Regulierung abhängig. Vor diesem Hintergrund erfordert die digitale Transformation Gestaltungswillen, spezifische Kenntnisse und auch Regulierung. Bei Letzterem gilt es, sowohl die Daten als Rohmaterial für KI, die (digitale und KI-) Technologien selbst – ihre Entwicklung und Verwendung – sowie daraus resultierende Informationen bzw. Wissen zu unterscheiden. Die Empfehlung aus dem Gutachten lautet daher, Informationen über Potenziale und Risiken transparent zugänglich und bekannt zu machen, die Bevölkerung aktiv einzubinden und eine strukturierte Förderung zu leisten, um Insellösungen zu überwinden und stattdessen Standards und offene Infrastrukturen zu schaffen. Es besteht die Gefahr, dass sich beim Einführungsprozess nicht-legitimierte, von Spezialisten und der Privatwirtschaft dominierte Strukturen (Meta-Governance) etablieren.
Insgesamt gilt beim Prozess der digitalen Transformation, dass Lösungen aus der vor-digitalen Ära nicht einfach auf heutige und zukünftige Probleme angewendet werden können. Ferner ist die Diversität der Situationen vor Ort bei der digitalen Transformation zu berücksichtigen. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund des ländlich geprägten Rhein-land-Pfalz von Bedeutung.
Die örtlichen Verwaltungen unterliegen der digitalen Transformation ebenso wie andere Systeme und Lebensbereiche, sie sind in unterschiedlichem Maße in der Lage, die Chancen für lokale und regionale Interessen zu nutzen und ihre Interessen durchzusetzen. Kommunen und Landkreise benötigen Unterstützung, damit sie von anderen, z.B. Leuchtturm-Projekten, lernen und beraten werden können. Ein Gegenstromprinzip von zivilgesellschaftlichen bzw. lokalen Bottom-up-Prozessen und Top-down- Unterstützung durch das Land erscheint zielführend (z.B. im Tourismus).
Bei der Bevölkerung sind bezogen auf KI und Digitalisierung aktuell gegensätzliche Tendenzen zu verzeichnen: Einerseits nehmen die Erwartungen an eine digitalisierte und moderne Verwaltung zu. Andererseits stoßen insbesondere als komplexer wahrgenommene Aspekte wie KI auf Vorbehalte. Bei einem verantwortungsvollen Umgang kann KI ihr Potenzial entfalten, indem die Algorithmen und eingeführte Technologien hinsichtlich der Gesetzeslage sowie ethischer und moralischer Überlegungen überwacht und gesteuert wer-den. Ein verantwortungsvoller Umgang mit Daten basiert auf aufgeklärten Entscheidern, informierten Bürgern und der Unterstützung von „bürgerschützenden Regeln”, die Miss-brauch grundsätzlich erschweren und Verstöße ahnden.
Langfristige Aussagen über die konkrete Entwicklung und Auswirkung von KI und Digitalisierung lassen sich nicht treffen aufgrund der Geschwindigkeit und Sprunghaftigkeit der Entwicklungen. In Bildung und Wissenschaft sollten im Bereich von KI die Interdisziplinarität gestärkt, nachhaltige und langfristige Strukturen geschaffen werden, um die digitale Transformation begleitend und aktivierend zu erforschen.
Künstliche Intelligenz in Mittelstädten – mittendrin oder außen vor?
1/2020 – 03/2021
Mittelstädte stehen nur selten im Fokus beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Dies ist das zentrale Ergebnis der Studie aus dem Jahr 2020. Das Ziel bestand darin, Hemmnisse der digitalen Transformation in Politik und Verwaltung zu identifizieren, technologische Varianten zu untersuchen und gute Beispiele aus Mittelstädten vorzustellen. Autor*innen des Fachgebiets Stadtsoziologie der TU Kaiserslautern, des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) und des Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering (IESE) stellen in der Studie Interviews mit Vertreter*innen aus Kommunen und Anbieter*innn von KI-Verwaltungsdienstleistungen. Die Studie wurde von der Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz gefördert und hat folgende Fragen beantwortet:
• Welche Kompetenzen und Stellen sind in den Rathäusern von Mittelstädten verfügbar, um die digitale Transformation zu gestalten? Wie sind die Prozesse gestaltet? Wie sehen Personalstrategien für die Digitalisierung der Verwaltung aus?
• Gibt es nationale und internationale kreative Beispiele von KI-Nutzungsmöglichkeiten und Vorgehensweisen?
• Gibt es Unterschiede in der Nachfrage nach bestimmten Diensten, Beratungen, Kompetenzen, Infrastrukturen zwischen Großstädten und Mittelstädten, insbesondere kleinen Mittelstädten?
• Kann das Land eine relevante Rolle zur Unterstützung von Städten und Gemeinden einnehmen (zum Beispiel, wenn die vom Bund angekündigte Unterstützung zur Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes ausbleibt)?
Mittelstädte sind neben den Kleinstädten die typischen Städte des bundesdeutschen Siedlungssystems. Es gibt dabei lediglich eine quantitative Bestimmung von Mittelstädten, die eine Spanne von 20.000 bis 100.000 Einwohner umfasst. Ein Drittel der deutschen Bevölkerung lebt in Mittelstädten, in Rheinland-Pfalz sind es rund 720.000 Personen.