Refine
Year of publication
- 2008 (1)
Document Type
- Doctoral Thesis (1)
Language
- German (1)
Has Fulltext
- yes (1)
Faculty / Organisational entity
Die Herstellung duroplastischer Werkstoffe verlangt nicht nur eine präzise Kenntnis
des Materialverhaltens in Abhängigkeit der Prozessführung, sondern auch den
Einsatz geeigneter Analysemethoden zur Charakterisierung und Beurteilung des
Werkstoffes. Eine wesentliche Herausforderung bei der Vernetzung von Polymeren
stellen innere Spannungen dar, die durch chemischen Reaktionsschwund und
thermische Ausdehnung verursacht werden.
Ziel dieser Arbeit ist es, den Vernetzungsvorgang und die daraus resultierenden
Eigenschaften eines Epoxidharzes mit bestehenden materialwissenschaftlichen
Analyseverfahren zu charakterisieren und durch die Implementierung einer
neuartigen Dehnungsmesstechnik einen idealen thermischen Vernetzungsprozess
für einen spannungsminimierten Zustand zu definieren.
Den Untersuchungen liegt ein kommerzielles Epoxidharz (EP-Harz) auf der Basis
von anhydridgehärtetem Bisphenol A zugrunde. Es wurden sowohl das reine, d.h.
das ungefüllte Polymer, als auch ein mit Calciumsilikat und -carbonat gefülltes
System analysiert. Eine Materialcharakterisierung mit kalorimetrischen und
rheologischen Verfahren in Verbindung mit der Anpassung an reaktionskinetische
und chemorheologische Modelle liefert eine quantitative Beschreibung des
Vernetzungsvorganges sowohl des ungefüllten als auch des gefüllten EP-Harzes.
Die während der Vernetzung auftretenden Kräfte der beiden Harzsysteme wurden
mit Normalkraftmessungen erfasst und mathematisch erfolgreich modelliert. Das
Erweichungsverhalten sowie die (bruch)mechanischen Werte der Werkstoffe wurden
mit statischen und dynamischen mechanischen Analysen im unterschiedlich stark
vernetzten, festen Zustand geprüft. Maximale mechanische Eigenschaften werden
erst bei vollständiger Umsetzung erreicht.
Ein neuartiges Verfahren basierend auf einer faseroptischen Messsensorik wurde für
das gefüllte EP-Harz entwickelt und ermöglicht die Bestimmung reaktionsinduzierter
Dehnungen im vernetzenden Polymer. Fibre Bragg Grating (FBG)-Sensoren, die
direkt im Reaktionsharz eingebettet wurden, ermöglichen die Bestimmung von
charakteristischen Phasenübergängen während der chemischen Vernetzung, d.h.
Gelierung und Verglasung, ebenso wie die Erfassung des Ausdehnungsverhaltens
unter Temperatureinfluss. Die Ergebnisse zeigen exzellente Übereinstimmungen zu
den Daten aus etablierten Messverfahren wie Kalorimetrie, Rheologie, Volumendilatometrie
und thermisch-mechanischer Analyse. In umfangreichen Serien wurde
mithilfe der FBG-Technik der Einfluss verschiedener Phasen des thermischen Vernetzungsprozesses auf die reaktionsinduzierte Dehnungsentwicklung des EPHarzes
ermittelt.
Die erzielten Ergebnisse in Kombination mit ergänzenden Untersuchungen zum
Erweichungsverhalten sowie zur Eigenerwärmung durch exotherme Reaktion
erlauben die Definition eines idealisierten thermischen Prozesses mit dem Ziel einer
Minimierung innerer Spannungen im vernetzenden Werkstoff. Das ideal
spannungsoptimierte Härteprofil wird dadurch erzielt, dass bei zunächst moderater
Temperatur die Vernetzung in Gang gesetzt wird. Die anschließende Aufheizphase
auf Härtetemperatur startet noch im flüssigen Zustand und wird unter
Berücksichtigung von Exothermieeffekten so zügig durchgeführt, dass die Gelierung
des Materials bei möglichst hoher Temperatur stattfindet, idealerweise beim
maximalen Glasübergangspunkt Tg,∞. Erst nach einer vollständigen Vernetzung bei
entsprechend hoher Härtetemperatur tritt die Materialverglasung bei Unterschreitung
des Tg,∞ ein. Durch die gezielte Temperaturführung wird erreicht, dass die thermische
Ausdehnung gegenüber der chemischen Volumenreduktion dominiert und das
Auftreten von Zugkräften im vernetzenden Polymer unterbunden wird. Eine
frühzeitige Gelierung und besonders eine vorzeitige Verglasung während des
Vernetzungsprozesses hingegen verursachen bereits in einem niedrigen
Umsatzstadium Zugkräfte und Spannungen im Material, die sich in einem frühen
Materialversagen etwa in Form von Rissen äußern.
Die vorliegende Arbeit präsentiert durch die Implementierung des FBG-Verfahrens
nicht nur ein ausgezeichnetes Werkzeug für die Polymerentwicklung, sondern bietet
auch durch die überzeugenden faseroptischen Messergebnisse in Kombination mit
gängigen Analyseverfahren eine höchst effektive Strategie zur Erreichung eines
idealen Härteprozesses zur spannungsarmen Vernetzung von Epoxidharzen.