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- 2017 (1)
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Zunehmend strengere Regulierungen der CO2-Emissionen von Neuwagen seitens
der europäischen Union erfordern den Einsatz von Leichtbaukonzepten, welche für
die Massenproduktion geeignet sind. Dies erfordert den Einsatz leistungsstarker und
zugleich kostengünstiger Werkstoffe. Für den breiten Einsatz im Transportbereich
werden daher vermehrt kurzglasfaserverstärkte Thermoplaste zur Substitution
klassischer Metallkomponenten eingesetzt. Die geringen Werkstoffkosten, die stetig
weiterentwickelten mechanischen Eigenschaften sowie die Möglichkeit zur
Funktionsintegration aufgrund der hohen Formgebungsfreiheit des Spritzgussprozesses
sind entscheidende Vorteile dieser Werkstoffgruppe. Der Spritzgussprozess
führt zu einer lokal stark variierenden Faserorientierung. Die Werkstoffeigenschaften
hängen dabei entscheidend von der Faserorientierung ab. Besitzt der
Werkstoff parallel zur Faserrichtung seine höchste Steifig- und Festigkeit, sind diese
quer zur Faserorientierung am niedrigsten. Zusätzlich besitzt die thermoplastische
Matrix ein ausgeprägt nichtlineares Werkstoffverhalten, wodurch die strukturmechanische
Berechnung kurzfaserverstärkter Bauteile deutlich erschwert wird. Eine
geeignete Methodik zur Charakterisierung und numerischen Abbildung des
nichtlinearen anisotropen Werkstoffverhaltens mit anschließender Lebensdaueranalyse
ist zurzeit nicht vorhanden und bildet das Ziel dieser Arbeit.
Der untersuchte Werkstoff findet häufig Einsatz in strukturellen Komponenten im
Fahrwerks- und Motorbereich. In diesen Einsatzgebieten ist er zusätzlich zu den
mechanischen Lasten auch Umwelteinflüssen, wie beispielsweise Feuchtigkeit oder
Steinschlägen, ausgesetzt. Im Rahmen der durchgeführten experimentellen Arbeiten
wird der Einfluss dieser zusätzlichen einsatzbedingten Lasten auf die statischen
Eigenschaften und das Lebensdauerverhalten untersucht. Ist ein Fahrwerksbauteil
ganzjährig Wasser und Feuchtigkeit ausgesetzt, kann es in Winterzeiten auch zu
Kontakt mit Tausalzlösungen kommen. In Auslagerungsversuchen über einen
Zeitraum von etwa einem Jahr wird der Werkstoff folgenden Medien ausgesetzt:
Wasser, wässrigem Natriumchlorid und wässrigem Calciumchlorid. Zu verschiedenen
Expositionszeiten werden Proben entnommen und statischen Zugversuchen
unterzogen. Die Auslagerung bewirkt eine deutliche Verschlechterung der Werkstoffeigenschaften,
welche jedoch durch eine Rücktrocknung im Vakuumofen wieder
vollständig hergestellt werden kann.
Mithilfe eines speziell entwickelten Prüfstandes wird der Einfluss von Wasser und Calciumchlorid auf das zyklische Werkstoffverhalten untersucht. Dieser Prüfstand
erlaubt das Besprühen der Proben während eines Dauerschwingversuches. Eine
Reduktion der Lebensdauer aufgrund einer Exposition mit Calciumchlorid kann nicht
nachgewiesen werden. Zur Simulation von dauerhaften Mikro-Steinschlägen wird die
Oberflächenrauheit von Probekörpern künstlich mittels Sandstrahlen erhöht. Sowohl
in den statischen als auch zyklischen Versuchen unter Medieneinfluss kann nur eine
geringe Festigkeitsreduktion ermittelt werden. Dies ist auf die Duktilität des Werkstoffes
und der damit einhergehenden Unempfindlichkeit gegenüber Kerben
zurückzuführen.
Moderne Prozesssimulationen können die Faserverteilung in Bauteilen komplexer
Geometrie noch nicht realitätsnah abbilden, weshalb in dieser Arbeit die
experimentelle Orientierungsanalyse im Mikro-Computertomographen verwendet
wird. Neben Probekörpern wird auch eine komplette Fahrwerkskomponente im
Mikro-Computertomographen analysiert. Die Orientierungsinformationen finden zur
numerischen Beschreibung des Werkstoffverhaltens in der Finite-Elemente-Methode
Verwendung. Eine vollständige statische Werkstoffcharakterisierung dient als
Grundlage für die komplexe Werkstoffmodellierung. Zur Beschreibung des
Lebensdauerverhaltens werden umfangreiche Dauerschwing- und Restfestigkeitsversuche
für unterschiedliche Faserorientierungen und Spannungsverhältnisse
durchgeführt.
Selbstentwickelte Programmroutinen importieren den Faserorientierungstensor jedes
FE-Elementes und definieren in Abhängigkeit der Faserrichtung sowie der
Faseranteile in die jeweilige Richtung das Werkstoffmodell. Eine inkrementelle
Lebensdaueranalyse greift ebenfalls auf selbstentwickelte Routinen zurück und
berechnet die ertragbare Schwingspielzahl unter Berücksichtigung einer zyklischen
Steifigkeitsdegradation hochbelasteter Elemente und damit einhergehenden
Spannungsumlagerungen. Die Routine wird an den zyklisch geprüften Standard-
Probekörpern kalibriert und an der bereits erwähnten Fahrwerkskomponente
validiert. Für unterschiedliche Lastniveaus und Spannungsverhältnisse werden die
Versuchsergebnisse sehr gut durch die entwickelte Berechnungsmethodik
abgebildet. Sowohl die ertragbare Schwingspielzahl als auch das Schadensbild der
Simulation stimmen mit den Versuchen überein.