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Mit dem vorliegende Projekt sollten die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, filigrane Fassadenplatten aus Hochleistungsbeton im Fertigteilbau realisieren zu können. Konventionelle Befestigungsmittel (Dübel, Anker) scheiden wegen der geringen Materialstärke weitgehend aus. Bestehende Systeme mit Klebtechnik erfordern eine aufwändige metallische Unterkonstruktion aus nichtkorrosivem Material. Zudem erweist sich die Montage als schwierig, sodass sich diese Systeme in der Praxis bisher nicht durchgesetzt haben. Die hier vorgeschlagene Lösung baut auf eine punktförmige Befestigung der Fassadenplatten mittels Klebtechnik auf. Die Klebanker (d = 12 mm) aus glasfaserverstärkten Kunststoffen (GfK) werden zusammen mit einer Tragschale und Wärmedämmung hergestellt und dann mittels Wendetechnik im Fertigteilwerk rückseitig auf die Fassadenplatten geklebt. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde ein neuartiger Über- und Unterdruckversuchsstand entwickelt. Zusätzlich wurden neue Zug-, Scher- und Interaktions-Versuchsstände für Klebversuche an Platten konzipiert. Die Biegezugfestigkeit des Glasfaserbetons wurde in Abhängigkeit von der Zeit untersucht. Das Trag- und Verformungsverhalten der GfK-Stäbe wurde in Abhängigkeit von der Zeit ausgewertet und ausgewählt. Wie die Untersuchungen zeigen, können bis zu 2,7 x 3,5 m große Fassadenplatten realisiert werden, wenn die Klebanker einen Gelenkkopf erhalten, der die Verformungsbehinderung der Fassadenplatte reduziert. Das Langzeittragverhalten der GfK-Anker, das aus dem Zulassungsverfahren der verwendeten Schöck ComBAR® bekannt ist, wurde berücksichtigt. Ein Ankerraster von 500 x 500 mm hat sich als wirtschaftlich sinnvoll ergeben. Für die Fassadenplatten werden wegen der besseren Tragfähigkeit der Klebverbindung hochfeste Betone „Referenzbeton 1“ den Glasfaserbetonen „Referenzbeton 2“ vorgezogen. Fertigungsbedingte Schwankungen der Klebfugendicke im Bereich von 1 mm bis 5 mm können ohne signifikante Festigkeitseinbußen toleriert werden. Die durchgeführten mechanischen Versuche und Berechnungen zeigen, dass die Standsicherheit des Fassadensystems bei entsprechender Dimensionierung der Klebflächen gegeben ist.
Mehrschichtige Stahlbetonwandtafeln bestehen aus einer Trag- und Vorsatzschale aus Stahlbeton sowie einer innenliegenden Dämmschicht. Die als Fassade fungierende Vorsatzschale ist in der Regel nichttragend und dient als Wetterschutzschicht für die Wärmedämmung sowie zur Gestaltung des Gebäudes. Trotz der nichttragenden Funktion werden diese Fassaden massiv ausgeführt, da die innenliegende Bewehrung vor Korrosion geschützt werden muss. Das widerspricht dem Trend zu immer größeren, filigranen Sichtbetonfassaden, die ein Minimum an Fugen aufweisen. Durch innovative Entwicklungen im Bereich der Betontechnologie sowie in der Verankerungstechnik wird der Bau von filigranen, unbewehrten, energieeffizienten und nachhaltigen Architekturbetonfassaden mit wenigen Zentimetern Bauteildicke als Vorsatzschale von mehrschichtigen Stahlbetonwand-tafeln ermöglicht. Dieses Potential eröffnet sich durch die Verwendung von Ultrahochleistungsbetonen, die sich unteranderem durch ihre hohe Zug- und Biegezugfestigkeit auszeichnen. Durch Verbindungsmittel aus glasfaserverstärktem Kunststoff wird die Fassade mehrfach statisch unbestimmt befestigt. Aufgrund des vergleichsweise geringen Elastizitätsmoduls können die sonst kritischen Belastungen infolge Zwangs reduziert werden.
Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Entwicklung eines abgesicherten Bemessungskonzeptes um unbewehrte, punktgestützte Fassaden als Vorsatzschicht in mehrschichtigen Stahlbetonwandtafeln bemessen zu können. Dabei liegt der Fokus auf der Berücksichtigung von Zwangseinwirkungen, Expositionen und geometrischen Einflüssen. Es werden umfangreiche, kleinmaßstäbliche Versuche durchgeführt, um den Maßstabseffekt, den Einfluss der Tragrichtung, des verwendeten Gesteins sowie Expositionen infolge Temperatur, Feuchtigkeit und Frost-Tau-Wechseln auf den Materialwiderstand zu untersuchen. In Großversuchen werden ausgewählte Expositionen sowie geometrische Parameter am Gesamtsystem erforscht. Weiterhin wird der Einfluss der lokalen und globalen Steifigkeit der Unterkonstruktion analysiert. In einem nächsten Schritt erfolgen die numerische Simulation des Fassadensystems und die Modellverifizierung anhand der Ergebnisse der Großversuche. Mithilfe einer Parameterstudie wird der Einfluss einer globalen und lokalen Steifigkeitsänderung der Unterkonstruktion untersucht. Ein weiterer Fokus liegt auf der Spannungsverteilung im Bereich einspringender Bauteilecken.
Die Ergebnisse münden in einem Bemessungskonzept und Konstruktionsregeln für die Fassadenplatte, Verbindungsmittel sowie die Verankerung. Für die Fassade wird ein Biege- und Normalkraftnachweis eingeführt. Die Verbindungsmittel werden auf Biegung und Zug, Schub und Stabilität nachgewiesen. Hinsichtlich der Verankerung wird ein Zug-, Querzug- und Drucknachweis geführt. Das Bemessungskonzept basiert auf einer Kombination der Bemessung von Glas- und Betonwerksteinfassaden, beinhaltet Geometriefaktoren wie im Holzbau und berücksichtigt erstmalig und planmäßig auch Zwangseinwirkungen. Die Berechnungsmodelle werden anhand der Versuchsergebnisse plausibilisiert. Ein semiprobabilistisches Teilsicherheitskonzept mit der Bestimmung des Teilsicherheitsbeiwertes für UHPC (engl. Ultra High Performance Concrete) sowie ein Resttragfähigkeitsnachweis runden die Arbeit ab.