Von der Institution zur Nonprofit-Organisation – Reform der evangelischen Kirche in Deutschland unter der Leitidee der Nonprofit-Governance
- Die evangelischen Landeskirchen mit ihrem tradierten institutionellen Selbstverständnis verlieren im Zuge der Mitgliedschaftserosion immer mehr den Anschluss an eine sich rasant wandelnde Gesellschaft. Die fortschreitende Pluralisierung, Individualisierung und Mobilität der Gesellschaft sowie die Zunahme von sozialen Organisationsformen alternativ zur klassischen Kleinfamilie stellen die regional agierende und massenkommunizierende evangelische Volkskirche heute vor Herausforderungen, die sie mit ihren bisherigen institutionellen Strukturen offensichtlich nicht mehr in jeder Hinsicht bewältigen kann. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts sieht sich die evangelische Kirche selbst auf Augenhöhe zu den staatlichen Gewalten. Auf diese Weise steht sie im Spannungsfeld zwischen dem selbst auferlegten öffentlichen, mitgliederdistanzierten Auftrag einerseits und der Erwartung zur religiösen Bedürfnisbefriedigung andererseits. Ausgehend von dem letzten Reformimpuls, den die EKD unter dem Titel Kirche der Freiheit im Jahr 2006 an ihre Gliedkirchen aussandte, wird ein differenzierterer Ansatz vorgeschlagen, bei dem die evangelische Kirche eine ihrer wichtigsten Dimensionen, nämlich die der mitgliederbasierten Freiwilligkeitsorganisation in den Fokus rückt. Ein vornehmlich organisationales Selbstverständnis würde der evangelischen Kirche mit der Anwendung von Nonprofit-Governance-Methoden, beispielsweise mit der organisationsweiten Einführung effektiverer Leitungs- und Steuerungsmechanismen, neue und flexiblere Handlungsspielräume eröffnen. Zudem erlaubte ein auf das kirchliche Wesen zugeschnittenes Nonprofit-Marketing das Organisationsziel in Relation zum Marktgeschehen und damit zu den Bedürfnissen der Individuen zu formulieren und zu verfolgen. In der konsequenten Weiterentwicklung der im Impulspapier der EKD genannten Funktionsgemeinden wird eine funktionale Organisationsmatrix vorgeschlagen, die sich an den vier christlichen Grundvollzügen Koinonia, Diakonia, Leiturgia und Martyria orientiert. Dies impliziert die Substitution des traditionellen Parochialsystems durch eine rein funktionale Organisationsstruktur in Form von strategischen Kerngeschäftsfeldern, unter denen die diversen kirchlichen Dienste programmatisch zusammengefasst werden. Für die bessere Wiedererkennbarkeit im Außenverhältnis und notwendige Komplexitätsreduzierung im Binnenverhältnis wird die Konzeptionierung einer einheitlichen evangelischen Corporate Identity angeraten, die organisationsweite einheitliche Vorgaben für das Verhalten, die Außendarstellung und Kommunikation im Rahmen einer einheitlichen evangelischen Dachmarke vorsieht. Ziel ist es hier, mit einer stimmigen Corporate Identity eine kirchliche Persönlichkeit zu erschaffen, die ihre religiöse Identitätsbotschaft mit ihrer eigenen Wahrhaftigkeit vermittelt.
Author: | Martina Pauly |
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URN: | urn:nbn:de:hbz:386-kluedo-50805 |
Advisor: | Wolfgang Neuser, Christian Koch |
Document Type: | Doctoral Thesis |
Language of publication: | German |
Date of Publication (online): | 2017/12/03 |
Date of first Publication: | 2017/12/03 |
Publishing Institution: | Technische Universität Kaiserslautern |
Granting Institution: | Technische Universität Kaiserslautern |
Acceptance Date of the Thesis: | 2017/11/17 |
Date of the Publication (Server): | 2017/12/04 |
Tag: | Kirchenmanagement; Kirchenreform |
Page Number: | 280 |
Faculties / Organisational entities: | Kaiserslautern - Fachbereich Sozialwissenschaften |
DDC-Cassification: | 3 Sozialwissenschaften / 300 Sozialwissenschaften, Soziologie, Anthropologie |
Licence (German): | Creative Commons 4.0 - Namensnennung, nicht kommerziell (CC BY-NC 4.0) |