Quasirelativistische zeitabhängige Dichtefunktionaltheorie mit zweikomponentigen Spinoren: Implementierung und Anwendung
- Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es, eine lokale Version des Programmpakets Turbomole um eine Methode zu erweitern, die die Berechnung elektronischer Anregungsenergien und Übergangsmomente unter Berücksichtigung der Spin-Bahn-Wechselwirkung mit Hilfe quasirelativistischer zeitabhängiger Dichtefunktionaltheorie (TD-DFT) ermöglicht. Dazu wurde ein bereits existierender zweikomponentiger TD-DFT-Ansatz verwendet und so erweitert, dass auch offenschalige Systeme mit gradientenkorrigier ten Funktionalen berechnet werden können.
Die gewählte Implementierung ist unabhängig von der zweikomponentigen Methode, die Tatsache, dass die Molekülorbitale in einem quasirelativistischen Formalismus durch zweikomponentige, komplexe Spinoren dargestellt werden, erforderte jedoch die weitestgehende Verwendung komplexer Arithmetik.
Des Weiteren wurde das Verhalten des implementierten Austausch-Korrelations-Kernels (XC-Kernel), die Schlüsselgröße der TD-DFT, für kleine Spindichten untersucht. Dabei konnte gezeigt werden, dass die numerische Berechnung der Matrixelemente des XC-Kernels an Punkten des Integrationsgitters, für die die Spindichte gegen null geht, ihr Gradient hingegen nicht, durchaus problematisch ist und eine Regularisierung des XC-Kernels erfordert. Alternativen zur Regularisierung, wie beispielsweise die Verwendung eines Kernels ohne Gradiententerme oder Modifikationen am Funktional selbst, sind in der Literatur bekannt, im Rahmen dieser Arbeit konnte jedoch ein Ansatz entwickelt werden, der keine Veränderungen am Funktional erfordert und die Verwendung eines Kernels mit Gradientenkorrektur ermöglicht. Dazu wurde das Integrationsgitter in zwei Bereiche, abhängig von der Spindichte und ihrem Gradienten, eingeteilt. In den jeweiligen Bereichen wird nun zur Berechnung der Matrixelemente entweder der XC-Kernel für offen- oder geschlossenschalige Systeme verwendet. Für einen möglichst „glatten“ Übergang zwischen den beiden Bereichen wurde ein weiterer Bereich definiert, in dem ein mit einer Umschaltfunktion gewichteter Mittelwert beider Grenzfälle verwendet wird.
Mit dem im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Programm ist es nun möglich, basierend auf einer zweikomponentigen Rechnung am offen- oder geschlossenschaligen Grundzustand, TD-DFT-Rechnungen mit gängigen Standarddichtefunktionalen durchzuführen. Da sowohl spinerhaltende als auch spin flip Anregungen berücksichtigt werden, erhält man mit einem Eindeterminantenansatz Informationen, die sonst nur mit Hilfe von deutlich aufwendigeren Mehrdeterminantenansätzen zugänglich sind.