Zur Anwendung von kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff im Hochleistungs-Rahmenbau von Sportfahrrädern
- Faser-Kunststoff-Verbunde sind aufgrund ihrer mechanischen Eigenschaften und
Formgebungsmöglichkeiten der Trendwerkstoff im Rahmenbau von Hochleistungs-
Sportfahrrädern. Hierbei ermöglicht die zunehmende Berücksichtigung von Leichtbau-
Technologien eine Erhöhung der Leistungs-Gewichts-Relation, um den stetig
wachsenden Anforderungen an die Fahreigenschaften, die Haltbarkeit und das Gewicht
gerecht zu werden.
Ein geschichtlicher Rückblick über die letzten Jahrzehnte im Fahrradrahmenbau
zeigt eine deutliche Gewichtsreduktion bei steigender Funktionalität. Besonders der
Einsatz neuartiger Werkstoffe ermöglichte immer wieder eine wesentliche Erhöhung
der Leichtbaugüte. In den Anfängen begannen die Rahmenhersteller mit Gusseisen,
anschließend wurde Stahl verwendet und schließlich Leichtmetalle, wie Aluminium.
Die derzeit leichtesten Rahmen werden aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff
gefertigt.
Die Anwendung von Faser-Kunststoff-Verbunden ist deutlich komplexer und fordert
eine integrierte Betrachtungsweise von den Werkstoffen über die Bauweise, der
Fertigungstechnologie sowie der Bauteilprüfung. Die erzielbare Leistungsfähigkeit
eines Hochleistungs-Rahmens wird hierbei wesentlich in der Konstruktions- und
Dimensionierungsphase vorgegeben. Eine Übersicht über derzeitige Bauweisen und
Fertigungstechnologien zeigt deren spezifische Eigenschaften.
Um in der Entwicklung eine möglichst gute Lösung innerhalb eines vorgegebenen
Zeitfensters zu erreichen, können praktikable und effiziente Simulationswerkzeuge
einen erheblichen Beitrag leisten. Hierzu wurde ein Werkzeug entwickelt, welches
mit Hilfe eines Gradientenverfahrens an parametrischen Geometrie FE-Modellen zur
Gestaltoptimierung und Optimierung der Laminatkonfiguration angewendet werden
kann. Dieses ist auf in Differentialbauweise gefertigte Rahmen ausgerichtet und
berücksichtigt in besonderem Maße die werkstoff- und fertigungsspezifischen Anforderungen
von Faser-Kunststoff-Verbunden.
Zur Verbesserung der Festigkeitsvorhersage dient ein Modell zur vollständigen
schichtenweisen Bruchanalyse, welches aus den Bausteinen Spannungsermittlung
mit Berücksichtigung werkstofflicher Nichtlinearitäten, Festigkeitskriterium mit Unterscheidung
der Bruchtypen Zwischenfaserbruch und Faserbruch sowie Steifigkeitsdegradation
der Einzelschicht nach Eintritt von unkritischen Matrixbrüchen besteht. Das Modell erlaubt die Vorhersage des gesamten Schädigungsprozesses unter quasistatischer
Belastung vom Erstschichtversagen bis hin zum Laminatversagen. Weiterhin
wurde das Modell in ein kommerzielles FE-Programm implementiert und erlaubt
die Analyse von komplex geformten Strukturen.
Unter Anwendung der Simulationswerkzeuge konnten drei Hochleistungs-Rahmen in
Differentialbauweise entwickelt werden, die weltweit zu den leichtesten und steifsten
gehören. Hierbei lieferte das Optimierungswerkzeug die Ausgangsgestalt sowie die
in den Rohren notwendige Laminatkonfiguration zur Erreichung höchstmöglicher
Steifigkeits-zu-Gewichtsverhältnisse. Aufbauend auf den Erkenntnissen erfolgte die
detaillierte Rahmenkonstruktion. Kritische Bereiche am Rahmen konnten durch die
abschließende Anwendung des Festigkeitsanalysewerkzeugs aufgedeckt und beseitigt
werden. Es konnte eine gute Übereinstimmung der Ergebnisse des Festigkeitsanalysewerkzeugs
mit Prüfstandsversuchen gezeigt werden. Die erzielten herausragenden
Fahreigenschaften und die Haltbarkeit der entwickelten Rahmen konnten
sowohl auf Prüfständen als auch im Alltag bereits ausgiebig unter Beweis gestellt
werden.
Der Einfluss von transversalen Stoßeinwirkungen auf Fahrradrahmen wurde an
Sturzversuchen an kompletten Rennrädern sowie an repräsentativen Ober- und
Unterrohren aus Aluminium und kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff untersucht
und die auftretenden Schädigungen ermittelt. Hierbei zeigte sich, dass insbesondere
an Rahmen aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff nicht sichtbare Schäden
bereits bei geringsten Stoßeinwirkungen auftreten, unabhängig vom verwendeten
Fasertyp. Durchgeführte zyklische Prüfungen an vorgeschädigten Rennradrahmen
unter geringer Stoßeinwirkung zeigten keinen messbaren Verlust an Steifigkeit oder
Haltbarkeit der untersuchten Rahmen. Untersuchungen zum Einfluss des Fasertyps
auf die Impakteigenschaften zeigten deutliche Unterschiede bei den aufgetretenen
visuell erkennbaren Schäden.