Chemische und sensorische Auswirkungen physikalischer Konzentrierungsverfahren auf Most und Wein

  • In dieser Arbeit wurden die Auswirkungen weinbaulicher und kellerwirtschaftlicher Anreicherungsverfahren mit der traditionellen Anreicherung durch Saccharose und der unbehandelten Variante verglichen. Die Auswirkungen wurden analytisch und sensorisch erfasst. Die physikalischen Mostkonzentrierungsverfahren zeichnen sich dadurch aus, dass nicht flüchtige Mostinhaltsstoffe mit einem Molekulargewicht größer als 80g/Mol in erwartetem Maße angereichert werden. Diese Anreicherung ist auch im Wein sowohl analytisch als auch sensorisch feststellbar. Ausnahmen von diesem Anreicherungsverhalten bilden Kalium und Weinsäure, die während des Konzentrierungsvorganges als Weinstein ausfallen. Somit steigt auch die titrierbare Säure nicht in theoretisch erwartbarem Maße und der pH-Wert bleibt nahezu gleich wie beim unbehandelten Most bzw. Wein. Die üblicherweise angewendeten, weil kostengünstigeren und auch für Qualitätswein b.A. zugelassenen physikalischen Konzentrierungsverfahren sind Umkehrosmose (UO) und Vakuumverdampfung (VD). Beide Verfahren eignen sich gleichermaßen zur Anwendung an geklärten Weiß- und Rotmosten. Das Wasser (Permeat bzw. Destillat) wird schonend dem Most entzogen. Dabei treten Verluste von maximal 2% der nicht flüchtigen Inhaltsstoffe auf. Bei den Rotweinen zeigen beide Verfahren die gleichen Effekte. Nach Maischeerwärmung werden die Moste durch die physikalische Konzentrierung in ihrem Phenolgehalt sofort angereichert. Auch bei der Maischegärung werden die Phenolgehalte gegenüber der Saccharoseanreicherung angehoben, aber indirekt über ein reduziertes Saft/Maische-Verhältnis. Mit einem Saftentzug von der Maische können vergleichbare Effekte erzielt werden. Dies führt im Vergleich zur Saccharoseanreicherung zu analytisch reicheren und sensorisch signifikant besser bewerteten Rotweinen. Bei den Weißweinen nach UO- bzw. VD-Mostkonzentrierung im Vergleich zur Saccharosekontrolle besticht vor allem die Aromaintensität dadurch, dass glycosidisch gebundene Vorläufersubstanzen aufkonzentriert und die Aglyca verstärkt freigesetzt werden. Die Weine werden fruchtiger und vollmundiger. In der sensorischen Gesamtbeurteilung der konzentrierten Weißweine im Vergleich zur traditionellen Saccharoseanreicherung werden die genannten positiven Effekte durch die meist zu spitze Säure und einem als unharmonisch, eindimensional und zu breit empfundenen Geschmack überlagert. Deswegen werden nur selten signifikante Verbesserungen erreicht. Von UO werden auch im Most frei vorliegende Aromastoffe mit einem Molekulargewicht größer 80g/Mol angereichert, während bei der VD flüchtige Inhaltsstoffe bereits zu Beginn des Konzentrierungsvorganges zum Großteil ins Destillat übergehen. Bei VD werden deutliche Verluste der freien Terpene, C6-Alkohole und 2-Phenylethanol festgestellt. Das führt bei den Estern, die diese Verbindungen als Alkoholkomponente enthalten zu einer stark eingeschränkten Bildung während der Gärung. Daher ist die Konzentrierung von aromaintensiven Mosten mittels VD nicht ratsam. Die Anwendung der Gefrierkonzentrierung (Kryoextraktion) zeigt die höchste Verlustrate an Mostinhaltsstoffen in das abgetrennte Eiswasser (3% Zucker und 9-11% organische Säuren). Bei den Weißweinen erbringt die Gefrierkonzentrierung sowohl im Aromabereich (Terpenanreicherung) als auch bei der Sensorik der jungen Weine deutliche Vorteile gegenüber der traditionellen Saccharoseanreicherung. Im Rotweinbereich haben sich die Verfahren nicht bewährt. Die Mostkonzentrierung von unreifem oder nicht gesundem Material ist nicht ratsam. Zum einen ist die Mostkonzentrierung beschränkt auf eine Anhebung im Gesamtalkoholgehalt von 2%vol. Dies führt bei Mostgewichten zwischen 50°Oe und 70°Oe nicht zu selbstständigen Weinen. Zum anderen werden Unreifefaktoren und Fäulnisparameter zumindest mit dem UO-Verfahren (hier am Beispiel von C6-Alkohlen und 1-Octen-3-ol nachgewiesen) analytisch angereichert, was in Grenzfällen zu einer Intensivierung dieser unerwünschten Eigenschaften führen kann. Durchschnittlich ist mit Mehrkosten von 50 Cent pro Liter mostkonzentriertem Wein gegenüber herkömmlicher Saccharoseanreicherung zu rechnen. Die bislang noch nicht erlaubte Weinkonzentrierung mittels UO bringt gute Ergebnisse bei der Verdichtung von qualitativ hochwertigen Weinen. Dieses Verfahren kann aber nicht als nachträgliches Alkoholanreicherungsverfahren dienen, da der Alkohol zu einem Großteil permeirt und die Anreicherung im Wein nur etwa halb so stark ist wie die der übrigen Inhaltsstoffe.

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Metadaten
Author:Dierk Clos
URN:urn:nbn:de:bsz:386-kluedo-16888
Advisor:Gerhard Eisenbrand
Document Type:Doctoral Thesis
Language of publication:German
Year of Completion:2003
Year of first Publication:2003
Publishing Institution:Technische Universität Kaiserslautern
Granting Institution:Technische Universität Kaiserslautern
Acceptance Date of the Thesis:2003/11/24
Date of the Publication (Server):2004/02/05
Tag:Aromastoffe; Mostkonzentrierung; Umkehrosmose; Vakuumverdampfung; Wein
concentration of musts; flavour; reverse osmosis; vacuum distillation; wine
Faculties / Organisational entities:Kaiserslautern - Fachbereich Chemie
DDC-Cassification:5 Naturwissenschaften und Mathematik / 540 Chemie
Licence (German):Standard gemäß KLUEDO-Leitlinien vor dem 27.05.2011